Jaromir Jagr
Foto: City-Press
Alexander Ovechkin ist im Anflug auf Prag - was das bedeutet, wissen die jährlichen WM-Journalisten nur zu gut. Trubel, Hype - und Medienanfragen, für die man außerhalb der russischen Landessprache zumeist nicht mal ein Lächeln übrig hat. Aber: Wen interessiert in diesen Tagen in Tschechien schon Ovechkin? Diese WM kennt nur einen Namen, nur ein Gesicht, nur eine Geschichte: Jaromir Jagr!
"Ich kann es nicht in Worte fassen, was dieser Mann für unser Team bedeutet", sagte Stürmer Martin Erat nach dem Viertelfinalsieg gegen die Finnen. Und das ist mit keiner Silbe übertriegen, denn Jagr war nicht nur wegen seiner zwei Treffer der entscheidende Akteur. Als der Star im tschechischen Team im letzten Vorrundenspiel gegen die Schweiz einige Zeit verletzungsbedingt nicht mit dabei war, fehlte spürbar der Kopf und die ordnende Hand im Spiel. Das Chaos war sichtbar. Ein Jakub Voracek, ein Roman Cervenka - sie sind eigentlich die Akteure, die dieses Vakuum füllen sollten. Doch von ihnen ist in solchen Augenblicken nicht viel zu sehen, am ehesten dann noch von NHL-Akteur Voracek .
Und so bleibt eine Frage, die sich in diesen Tagen niemand stellt - oder zu stellen traut: Was kommt nach Jagr? Wie geht es mit dem tschechischen Eishockey nach dieser WM weiter? Ein 43-Jähriger kann keine Zukunftshoffnung sein. Der Satz von Ex-Trainer Milos Riha ist deutlich: "Jagr ist immer noch der beste Spieler bei Tschechien. Wenn ein 43-Jähriger das ist, dann muss man sich Gedanken machen."
Gedanken, die in diesen Tagen der Jagr-Mania untergehen - und wohl in der Euphorie des tschechischen Frühjahrsmärchens derzeit auch noch niemand hören will. Irgendwann wird man sich aber auch darüber Gedanken machen müssen. Das Nachbarland Slowakei dient als mahnendes Beispiel: Nach dem Ende der goldenen Generation hat man in sechs der letzten acht Jahre das Viertelfinale verpasst.
Erst einmal wird Tschechien aber am Wochenende noch zwei Auftritte des Volkshelden genießen. Und die Gegner sich Gedanken machen, wie man einen 43-Jährigen stoppen kann.
Tobias Welck