WM-Vorschau, Teil zwei: Rick Goldmann: „Für einen Bundestrainer ist es nicht wichtig, ob er viel Erfahrung hat. Das ist ein Event-Trainer"

Auch für das Team von SPORT1, dass bei der Weltmeisterschaft in Russland ab Freitag 31 Spiele live überträgt, darunter natürlich alle mit deutscher Beteiligung, beginnt ein wahrer Eishockey-Marathon. Für Moderator Sascha Bandermann ist es die siebte Weltmeisterschaft, er begann bei der so erfolgreichen Heim-WM 2010. Experte Rick Goldmann an seiner Seite ist bereits seit 2008 dabei. Im Interview mit Eishockey NEWS blicken die beiden auf das Turnier voraus und beurteilen die Chancen der deutschen Mannschaft in St. Petersburg. Außerdem zeigen Sie auch auf, was der Zuschauer live am TV von den SPORT1-Übertragungen zu erwarten hat - Hier ist Teil zwei:

Ist die Offensive in diesem Jahr das Prunkstück der Nationalmannschaft, während sich hinten doch noch das ein oder andere Fragezeichen auftut?
Goldmann: "Die Offensive ist wahnsinnig stark, die sticht einfach heraus. Die Offensive kann damit auch in der Defensive aushelfen, da sind keine Egoisten dabei. Auf der Torhüterposition sehe ich kein Problem, da sind wir immer gut aufgestellt. Wir sind in allen drei Mannschaftsteilen individuell sehr, sehr stark besetzt."
Bandermann: "Ich glaube, dass die Torhüterposition auf diesem Level in vielen Fällen über Sieg und Niederlage entscheidet. Im Normalfall brauchst du eine überragende Goalie-Performance. Aber in diesem Jahr schaffst du es vielleicht mehr über die Offensive. Mit der Offensiv-Power, die wir haben, schaffen wir es vielleicht auch mal, vier Tore zu erzielen und damit das eine Tor mehr zu haben."

Eine Reihe konnte in der Vorbereitung besonders überzeugen: Die Top-Reihe um die NHL-Stürmer Tobias Rieder und Leon Draisaitl sowie den besten DEL-Angreifer Patrick Reimer
Goldmann: "Bei Spielen auf Augenhöhe machen genau diese Top-Spieler den Unterschied aus. Ich glaube, dass diese Reihe definitiv den Unterschied machen kann. Aber wir werden nicht abhängig von dieser Reihe sein, denn wir haben auch noch eine zweite, dritte und vierte Reihe, die scoren kann."
Bandermann: "Die Konstellation ist schon toll: Der Eine kommt über den Speed, der Andere hat das besondere Auge, der Dritte performt im Slot überragend. Das ist das Prunkstück der Mannschaft."

Worauf freuen Sie sich ganz besonders bei der anstehenden WM in Russland? Was kommt auf Sie zu?
Bandermann: "Es ist schon viel Arbeit, dadurch dass wir über 30 Spiele live übertragen. Aber es ist Live-Sport, es geht um den größten Titel, den man - abseits von Olympia - im Eishockey gewinnen kann. Das sind Emotionen pur. Das Coole ist ja auch, dass wir als Redaktionsteam super zusammen funktionieren. Und "Goldi" ist da nicht nur ein Experte, sondern vielmehr auch noch ein redaktioneller Mitarbeiter. Von ihm kommt sehr viel Input. Und der Sport bei einer WM ist die Kirsche auf dem Kuchen. Man kann mit allen Spielern sprechen, auch mit den Top-Stars."
Goldmann: "Es wird ja nicht nur die deutsche Gruppe gezeigt, sondern auch vieles aus der anderen Gruppe in Moskau. Das ist schon eine Herausforderung, diese Spiele alle zu kommentieren und die Zuschauer in kürzester Zeit auf die jeweiligen Spiele einzustimmen. Auf diese Herausforderung freue ich mich immer. Und auch auf den Sport an sich, der steht über allem - deshalb fahren wir da hin. Und so eine kanadische Nationalmannschaft wie letztes Jahr, praktisch eine Olympia-Auswahl, oder einen Jagr mit 43 Jahren noch spielen zu sehen - da läuft mir am Rücken die Gänsehaut runter. Und deshalb bin ich seit so vielen Jahren auch dabei."

Wie wichtig ist so eine umfassende Berichterstattung über ein WM-Turnier, auch für den Sport als Ganzes?
Bandermann: "Ich finde es in jeder Sportart wichtig, dass du ein Turnier als Ganzes überträgst. Das finde ich das Gute bei SPORT1, dass wir das komplette Turnier abbilden. Und das schaffen wir mit über 30 Spielen. Wir müssen den Sport einfach insgesamt pushen. Wir zeigen Weltklasse-Eishockey - und das macht den Sport insgesamt größer. Die Fans und die Zuschauer wissen das zu honorieren."

Welches Motto gilt dabei bei den Übertragungen?
Bandermann: "Über so eine lange Zeit will der Zuschauer unterhalten werden. Deshalb machen wir auch "Sportainment". Es muss schon rüberkommen, dass wir auch innerhalb der Gruppe Spaß haben. Das weiß der Zuschauer auch zu schätzen."

Was sind ihre Erwartungen an das Turnier
Goldmann: "Ich hoffe, dass die deutsche Mannschaft unter die besten acht Nationen kommt. Und ich hoffe auch, dass die Russen eine wichtige Rolle spielen. Es ist grundsätzlich wichtig, wenn der Gastgeber gut ist, was die gesamte Stimmung bei der WM angeht."

Nicht nur für sieben Spieler im deutschen Kader, sondern auch für Bundestrainer Marco Sturm ist es die erste WM. Zu wenig Erfahrung für ein erfolgreiches Abschneiden?
Goldmann: "Für einen Bundestrainer ist es nicht unbedingt wichtig, ob er so viel Erfahrung hat. Das ist ein Event-Trainer. Wenn er sich zwei, drei Leute dazu holt, denen er vertraut und die sehr viel Erfahrung haben - was er gemacht hat - , dann kann man auch Trainingsaufgaben auf verschiedene Schultern verteilen. Es ist wichtig, dass die Spieler gern für einen spielen - das hat er schon erreicht. Und qualitativ gute Spieler führen sich auch selbst."
Bandermann: "Marco hat durch seine Karriere all das, was man braucht, um jede Situation und Gefühlslage eines Spielers zu verstehen. Deshalb hat er die Möglichkeit, auch gut in die Spieler reinzuhören."

Interview: Sebastian Groß