Marco Sturm
Foto: City-Press
Der eine ist eher ein knorriger unnahbarer Typ, der andere hingegen offen, stets lächelnd, scheint immer auf alle Wünsche einzugehen. Auf den ersten Blick sind Uwe Krupp und Marco Sturm zwei völlig unterschiedliche Trainertypen. Doch beide haben viele Gemeinsamkeiten - mehr als nur die Tatsache, dass sie auf eine große NHL-Karriere verweisen können und als Coach für die größten Erfolge der Nationalmannschaft im vergangenen Jahrzehnt verwantwortlich sind..
Ihre Ernennung zum Bundestrainer war in beiden Fällen nicht ohne Überraschung - und auch nicht frei von Kritik. Hatten doch beide so gut wie keine Trainererfahrung. Doch das ist auch nicht zwingend nötig, wenn man sich mit Leuten umgibt, die diese Defizite aufarbeiten können. Im Fall von Uwe Krupp war dies der damalige Co-Trainer Harold Kreis, im Falle von Sturm nun Geoff Ward. Überhaupt umgeben sich beide in ihrem Umfeld mit Vertrauensleuten. Bis hinunter zum Betreuerstab baute Marco Sturm das Team hinter dem Team nach seinen Vorstellungen um. Unter Krupp war es ähnlich. Eine Wagenburg-Mentalität entstand, die am Ende einer der Schlüssel zum Erfolg war. Wichtigster Gefährte für beide: Franz Reindl. Bei Krupp als DEB-Generalsekretär, jetzt als DEB-Präsident ist er enger Vertrauter der beiden und hält ihnen den Rücken frei.
Gebannt verfolgt Reindl jede Pressekonferenz von Sturm in Russland. "Mich interessiert, wie er kurz nach dem Ende die Spiele analysiert", sagt der Präsident. Und was er hört, scheint ihm zu gefallen. Denn immer wieder nickt Reindl fast unmerklich bei den Ausführungen des Trainers.
Und so können sich Krupp und Sturm in großen Teilen auf das konzentrieren, was ihre vielleicht wichtigste Aufgabe ist: Als Personen mit Strahlkraft das deutsche Eishockey in der Öffentlichkeit präsentieren. Egal, ob bei Spielern, Medien, Fans. Ihr Gesicht ist bekannt, ihr Name zieht. Man tritt niemandem zu nahe, wenn man sagt, dass ein Greg Poss, Jakob Kölliker oder Pat Cortina dies einfach nicht schaffen konnten. So gerät Eishockey nun wieder in den Fokus. Und vor allem: Die Spieler folgen - und kommen zu großen Turnieren. Was unter Krupp so war - und vorher und nachher nicht - trifft auch jetzt wieder zu: Es ist wieder in, für das deutsche Nationalteam aufzulaufen.
Man darf auch nicht vergessen, dass sowohl Krupp wie auch Sturm der Mannschaft eine ganz eigene taktische Handschrift verpassten, die sich am modernen Eishockey orientiert. Unter Krupp stand das DEB-Team kompakt, lauerte überfallartig auf Konter. Unter Sturm ist es offensiver, mit aggressivem Forechecking. Gemeinsam ist beiden Systemen, dass man nicht nur abwartend defensiv spielt, sondern eigene Akzente setzt und dem Spiel seinen Stempel aufdrückt.
In einem unterscheiden sich Sturm und Krupp dann aber doch: Bei Krupp dauerte es, trotz des sofortigen Aufstiegs aus der B-Gruppe, bis der ganz große Erfolg eintrat. Negativ-Erfahrungen wie bei der WM 2008 in Halifax oder der sportliche Abstieg vor der Heim-WM im Jahr 2009 blieben Sturm erspart. Der 37-jährige Niederbayer ist einfach ein Glückskind. Einer, der schon mehrfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und dem dann auch zum richtigen Zeitpunkt der Zufall geholfen hat. Ein Glückskind auf den Spuren von Uwe Krupp: Das deutsche Eishockey hätte es wahrlich schlechter treffen können.
Tobias Welck