Dennis Endras und Superstar Sidney Crosby beim gemeinsamen Training in Oberstdorf.
Foto: Endras
Der kleine Kur- und Kneipport Oberstdorf im Oberallgäu (knapp 10.000 Einwohner) ist eigentlich nicht so sehr für Eishockey bekannt. Die SG Oberstdorf spielt nur in der Bezirksliga. Durch Skisprung ist die Gegend bekannt, durch Langlaufloipen, außerdem kann man gut Bergsteigen. Aber die Stadt war in der vergangenen Woche für einen NHL-Star interessant: Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins kam zum Trainieren vorbei. Der Grund: In der Halle gibt es jetzt auch Ende Juni Eis.
Mit dabei: Nationaltorhüter Dennis Endras von den Adlern Mannheim, der jüngst dort eine Schule für Nachwuchsgoalies durchgeführt hat und daher mit dem Sportamt in regem Kontakt steht. Endras und zwei weitere Spieler aus der Gegend durften so vergangenen Donnerstag eine Trainingseinheit der besonderen Art erleben. Denn Crosby suchte Mitspieler. "Ich habe es selbst nicht glauben können, bis er wirklich kam", sagt Endras lachend.
Vor Kurzem habe ihn ein Herr vom Sportamt kontaktiert. "Er fragte mich, ob ich Sidney Crosby kenne", erinnert sich Endras. ",Ja klar', sagte ich dann. Er meinte dann: ,Ja, der kommt zum Trainieren hierher.' Ich sagte zu ihm: ,Du, da verarscht dich aber einer sauber.'" Nicht daran glaubend, vergaß Endras erst einmal wieder die Anfrage, zumal Crosby dann zwei Tage später offenbar tatsächlich absagte. "Aber am Montag bekam ich einen Anruf: Crosby kommt. Er braucht einen Goalie. Ich dachte, na sauber! Dann habe ich mein Zeug zusammengepackt, bin von Mannheim ins Allgäu gefahren und war mit ihm am Donnerstag um zehn Uhr auf dem Eis. Es war ganz cool."
Schon im schweizerischen Davos war Crosby, der auf Europaurlaub weilte, mit einer Trainingsgruppe auf dem Eis, nachdem er zuvor Hallenzeiten zum alleinigen Training gebucht hatte. Der Club berichtete danach in seinen Kanälen davon, denn der Superstar stellte eine Bedingung: Keine Fans, keine Journalisten. Denn zuvor, in Zürich, hatten es die Fans mitbekommen und wollten ihn sehen. "Er war in Bern, Davos, Zürich, Innsbruck, Wien - er ist ein bisschen rumgekommen", meint Endras.
Crosby habe genossen, dass er in Europa fast nicht erkannt werde. "Er hat mir gesagt, dass es ihm richtig gut getan hat, dass er in Oberstdorf einfach so durch die Stadt schlendern konnte. Das ist ja so, als wenn Cristiano Ronaldo hier einfach auf einem Fußballplatz auftauchen würde."
Bis auf die Tatsache, dass er inkognito bleiben wollte, sei er sehr entspannt gewesen. "Der hat nicht nur seinen Willen durchgeboxt, sondern wollte einfach ein bisschen rumzocken und das hat ihm ganz gut gefallen. Er hat die Tore hingeschoben und danach auch die Scheiben eingesammelt. Ein echt netter Kerl, der hat schon Anstand." Zu viert wurden einige Übungen auf ein Tor gemacht, danach gab es ein gemeinsames Mittagessen und ein Besuch der Skisprungschanze: "Dort haben wir mit einer Virtual-Reality-Brille einen Flug simuliert. Das hat ihm ganz gut gefallen. Dann hat er uns noch ins Stadion zurückgefahren und kurz darauf ist er wieder heimgeflogen."
Für Endras war es übrigens nicht das erste Mal, dass er auf Crosby traf. "Wir haben bei der WM in Prag 2015 gegeneinander gespielt. Das war das 0:10, leider." Crosby erzielte damals das 1:0, Endras wurde nach dem 0:6 in Minute 25 ausgewechselt. "Aber das ist ja auch schon rum, alles verjährt."
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Michael Bauer