Chancenlos: Für DEB-Kapitän Moritz Müller (37) und seine Kollegen gab es bei der 1:6-Niederlage gegen Schweden im dritten WM-Match überhaupt nichts zu holen – was allerdings auch an vielen eigenen Schwächen lag.
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Das Endergebnis war identisch, doch die Spieldynamik hätte unterschiedlicher kaum sein können. Wie zwei Abende zuvor gegen die USA verlor die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft am Montag auch ihr drittes WM-Match gegen Schweden mit 1:6. Während die DEB-Auswahl gegen die Vereinigten Staaten aber zumindest in den ersten beiden Dritteln genug Chancen da waren, um die Partie womöglich sogar in eine andere Richtung zu lenken, fand der Vizeweltmeister von 2023 gegen die Tre Kronor keinerlei Zugriff auf das Geschehen und war so chancenlos wie seit einigen Jahren nicht mehr bei einer WM. Die finale Torschuss-Bilanz von 46:16 zugunsten Schwedens sprach Bände, die Leistungssteigerung im Schlussabschnitt konnte den Gesamteindruck kaum aufhübschen.
„Das war kein gutes Spiel von uns, wir haben uns mehr vorgenommen“, musste DEB-Kapitän Moritz Müller dementsprechend einräumen. Noch deutlicher fiel das Fazit von Namensvetter Jonas Müller aus: „Wir waren von Anfang an nicht wirklich bereit“, sagte der Verteidiger. „Wir waren immer einen Schritt zu langsam, haben die Zweikämpfe verloren und sind im Forechecking nicht hart gewesen. Gegen so eine Mannschaft ist es dann schwer, ins Spiel zu kommen.“ Der Berliner erkannte zwar ebenfalls leichte Besserung im letzten Durchgang, „aber das war auch nicht das, was wir für die nächsten Spiele brauchen.“
Was die DEB-Auswahl mit Blick auf die vier übrigen Vorrundenbegegnungen ohne Zweifel braucht, ist mehr defensive Kompaktheit. Zwar wollte Bundestrainer Harold Kreis nicht von einem „grundlegenden Problem“ sprechen, doch 128 zugelassene Torschüsse nach drei Matches sind – unabhängig von der hohen Qualität der drei Kontrahenten Slowakei, USA und Schweden – ein alarmierender Wert. Wie phasenweise bereits in der WM-Vorbereitung kommen die Gegner zu einfach zu ihren Treffern. „Wir lassen zu viele Schüsse zu und spielen insgesamt nicht das Spiel, was wir gegen diese Nationen spielen wollen“, fand auch Moritz Müller – und stellte klar: „Es liegt nicht an den Torhütern, dass wir so hoch verlieren.“ Tatsächlich war gegen die Tre Kronor weder Philipp Grubauer noch dem eingewechselten Mathias Niederberger irgendetwas vorzuwerfen.
Auch an der Einstellung machte der Kapitän die Abreibung nicht fest. Teile der nach Ostrava mitgereisten deutschen Fans hatten den Auftritt des DEB-Teams mit „Wir wollen Euch kämpfen sehen!“-Rufen quittiert, doch Moritz Müller legte seine Hand für die Kollegen ins Feuer: „Ich kann jedem versprechen, dass es nicht am Kampf lag.“ Vielmehr sah der 37-jährige Defender einen anderen Grund für das zu niedrige Intensitätslevel in den ersten 40 Minuten: „Gefühlt spielen wir alle ein bisschen gehemmt und haben noch ein bisschen den Rucksack vom letzten Jahr auf“, deutete Moritz Müller an, dass die durch die Silbermedaille vom Vorjahr gestiegene Erwartungshaltung – sei es die interne oder die externe – nicht spurlos an der deutschen Mannschaft vorbeigeht. „Wir müssen mit ein bisschen mehr Spaß an die Sache rangehen und spielen, um etwas gewinnen zu können – nicht, um nicht zu verlieren.“
Mit dem Gewinnen sollte die DEB-Auswahl bereits am Mittwoch gegen Lettland (16.20 Uhr; live bei ProSieben, MagentaSport und Sportdeutschland.TV) wieder anfangen, wenn der Weg ins WM-Viertelfinale nicht holpriger werden soll als sich zunächst abgezeichnet hatte. „Wir haben jetzt drei gute Gegner gehabt und stehen mit drei Punkten da, was für uns gar nicht so schlecht ist“, ordnete JJ Peterka mit Blick auf das anspruchsvolle Auftaktprogramm zwar nicht unzutreffend ein, sagte aber auch: „Wir müssen schauen, dass wir ab jetzt jedes Spiel gewinnen.“ Und der im Turnier bis dato aktive, jedoch glücklose NHL-Angreifer der Buffalo Sabres räumte auch ein: „Letztes Jahr hatten wir nach den Niederlagen ein besseres Gefühl, weil wir ein bisschen besser zusammengespielt haben.“
„Wir haben drei Punkte mehr als im Vorjahr, aber wir müssen jetzt weiter punkten“, weiß auch Kreis, dass nun die Partien mit Ergebnisdruck gegen auf dem Papier schlagbare Kontrahenten auf sein Team warten: „Jetzt fängt das Turnier für uns erst richtig an.“ Für ein positives Resultat gegen Lettland würde das Mitwirken von Nico Sturm, der am Dienstagmittag genau wie Verteidiger Maksymilian Szuber erneut regulär mittrainierte, mit Sicherheit helfen, Kreis ließ den Einsatz des NHL-Stürmers nach der Einheit allerdings noch offen. „Klar ist er ein wichtiger Mann, gerade bei den Bullys. Wenn man die Bullys verliert, ist man erst mal am hinterherrennen und muss sich die Scheibe erst mal wieder erarbeiten, was auf dem Niveau hart ist“, hatte Jonas Müller die Bedeutung Sturms nach der Niederlage gegen Schweden – bei der das deutsche Team besonders häufig hinterhergerannt und immer wieder für längere Zeit nicht aus der eigenen Zone gekommen war – illustriert. Oder wie Kreis es ausdrückte: „Wir waren eher am reagieren statt am agieren. Das wollen wir gegen die Letten ändern.“
Stefan Wasmer