Auf die Siegerstraße gebracht: Alexander Ehl zieht ab und trifft in dieser Szene zum 1:0 für Deutschland im Vergleich mit dem Aufsteiger aus Polen, der sich bis zum Ende gegen eine Niederlage wehrte.
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8:1 gegen Lettland, 8:2 gegen Kasachstan und nun 4:2 gegen Polen – nach drei Siegen in Serie und mit zwölf Punkten auf der Habenseite steht das deutsche Eishockey-Nationalteam bei der WM 2024 in Tschechien kurz vor dem Einzug ins Viertelfinale. Dieser könnte schon vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Frankreich am Dienstagmittag fix werden, wenn die Konkurrenz entsprechend Punkte lässt. 28 Turniertreffer hat das deutsche Team nun bereits erzielt, so viele waren einer DEB-Auswahl in der Gruppenphase einer A-WM bisher noch nie gelungen. Stand Samstagnachmittag stellte die DEB-Mannschaft damit auch die erfolgreichste Offensive des Turniers. Beim Arbeitssieg über einen besonders aufgrund seiner guten Defensivarbeit herausfordernden Aufsteiger aus Polen war JJ Peterka mit seinen zwei Treffern zum 2:0 und 4:2 einer der Matchwinner. Alexander Ehl hatte im zweiten Drittel den Torknoten gelöst, Yasin Ehliz mit seinem 3:0 zum Start in den Schlussabschnitt für Sicherheit gesorgt. Gezittert werden musste am Ende dennoch noch einmal kurz.
Mit im Vergleich zum 8:2-Sieg über Kasachstan am Freitag unveränderten Abwehr- und Angriffsreihen ging Bundestrainer Harry Kreis am Samstag ins Duell mit Aufsteiger und Gruppenschlusslicht Polen. Einzig auf der Torhüterposition hatte der Nationalcoach einen Wechsel vorgenommen und wie bereits direkt nach dem Spiel am Freitag angekündigt Mathias Niederberger vom EHC Red Bull München zwischen den Pfosten aufgeboten. Ein besonderes Spiel war es für Wojciech Stachowiak und Maksymilian Szuber, die beim Duell mit Polen auf ihr Geburtsland trafen (Artikel dazu).
Die Partie selbst begann diesmal nicht mit einem Blitzstart der DEB-Auswahl. Die beste Chance der ersten Spielminuten hatten die Polen in ihrem ersten Powerplay durch Krzysztof Macias. Und auch in der Folge eines ausgeglichenen ersten Abschnitts war es der Außenseiter, der durchaus gefährlich wurde vor Niederberger: Mateusz Michalski fand aber gleich zweimal im deutschen Backup seinen Meister. Offensiv jedoch konnten die DEB-Jungs in den ersten 20 Minuten wenig Zwingendes kreieren und so hatte Polens Schlussmann David Zabolotny (zuletzt in Freiburg/DEL2, und künftig in Bietigheim/Oberliga Süd unter Vertrag) meist keine große Mühe. Angreifer Nico Sturm äußerte sich nach dem torlosen Unentschieden zur ersten Pause bei Pro7 auch zu den schwierigen Umständen: „Die Temperaturen heute sind schon abartig und das Eis ist auch sehr schlecht.“ Das Mittagsspiel im Vorfeld zwischen Schweden und Lettland hatte dazu wohl seinen negativen Beitrag geleistet. Und durch die vielen polnischen Fans in der Halle wurde das Duell mit dem Aufsteiger für die DEB-Mannschaft zum erwarteten Auswärtsspiel.
„Wir müssen schauen, dass wir heute mal ein langweiliges Spiel machen“, forderte Sturm demnach vor dem zweiten Spielabschnitt. Mit Zaubereien wie gegen Lettland und Kasachstan würde sein Team diesmal keinen Blumentopf gewinnen, meinte der NHL-Stürmer der San Jose Sharks. Und in der Tat: Im zweiten Drittel ging das DEB-Team offensiv etwas zielstrebiger zu Werke, auch wenn Polen in der eigenen Zone weiter sehr kompakt stand. Der Lohn der Bemühungen der deutschen Auswahl war das 1:0 durch Alexander Ehl aus der sogenannten Arbeiterreihe der Kreis-Mannschaft. Vorausgegangen war dem Treffer eine schöne Ablage von Maximilian Kastner, Ehl zog dann – leicht abgefälscht – durch die Beine des polnischen Verteidigers ab und löste so den Offensivknoten aus deutscher Sicht.
Und es kam noch besser für das DEB-Team im zweiten Drittel. Nachdem Polens Kapitän Krystian Dziubinski eine Großchance von Yasin Ehliz mit einem Stockwurf noch geradeso erfolgreich verhindert hatte, war ein Penalty für das deutsche Team fällig. Und diese Chance ließ sich JJ Peterka nicht nehmen und verwandelte eiskalt durch Zabolotnys Beine zum 2:0 für seine Farben. Deutschland war damit vor dem letzten Abschnitt auf die Siegerstraße eingebogen und Ehl sagte am Mikrofon von Pro7: „Die Polen sind kämpferisch sehr stark und deshalb müssen wir noch ein Drittel unser bestes Eishockey spielen.“
Es war vielleicht nicht das beste Eishockey, das die DEB-Mannschaft im Schlussdrittel aufs Eis brachte. Doch sie agierte zunächst weiterhin konsequent und konzentriert. Die Folge war das frühe 3:0 im Schlussdrittel durch Yasin Ehliz nach einem Zwei-auf-eins-Konter, den der Stürmer aus München selbst abschloss. Der bis dahin starke Zabolotny sah diesmal unglücklich aus, weil ihm der Puck erneut durch die Beine ging. In der Folge vergab Deutschland die ein oder andere gute Chance aufs 4:0, so zum Beispiel Stachowiak bei einem Zwei-auf-eins-Konter. Und deshalb wurde es in der Endphase der Partie überhaupt noch einmal spannend. Denn mehr oder weniger aus dem Nichts erzielte Polens Verteidiger Patryk Wajda nach ein, zwei guten Shifts des Außenseiters das 1:3 (54.). Von hinter der Grundlinie schoss der aufgerückte Defender Niederberger an, sodass der Puck ins Tor prallte. Ein bitteres Gegentor für den deutschen Schlussmann, der sich kurz zuvor noch mehrfach auszeichnen konnte.
Und es kam noch übler aus Sicht der DEB-Auswahl: Gut zwei Minuten später hatte die DEB-Auswahl direkt nach einem Powerbreak komplett die Zuordnung verloren und Filip Komorski stellte auf 2:3 (56.). Auf einmal war das Spiel wieder völlig offen und die zahlreichen polnischen Fans in Ostrava machten mächtig Stimmung für den Außenseiter. Doch nicht einmal eine Minute nach dem Anschlusstreffer der Polen konnte sich das deutsche Team wieder etwas Luft verschaffen: Lukas Reichel entwischte der polnischen Hintermannschaft, scheiterte aberr an Zabolotny – doch Peterka drückte mit seinem zweiten Treffer des Abends den Puck im Nachschuss über die Linie zum 4:2-Endstand für Deutschland. Polen kam in den Schlussminuten nicht mehr gefährlich vors Gehäuse von Niederberger und verpasste es auch, Schlussmann Zabolotny frühzeitig zu ziehen.
"Das war von Anfang an ein hartes Stück Arbeit. Aber wir wussten, dass wir geduldig bleiben müssen", sagte ein erleichterter Torschütze Yasin Ehliz nach dem 4:2-Sieg am Mikrofon von Pro7. Nun warten zwei freie Tage auf das deutsche Team, ehe es am Dienstagmittag um 12:20 Uhr zum abschließenden Gruppenspiel gegen Frankreich kommt. Mit zwölf Punkten aus sechs Turnierspielen belegt Deutschland aktuell Platz zwei der WM-Gruppe B in Ostrava.
Sebastian Groß