Enttäuschte Gesichter bei der DEB-Auswahl: Erstmals seit 2018 ist das deutsche Team bereits in der WM-Vorrunde gescheitert.
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Das Ende passte zum Bild des Turniers. „Im Penalty-Schießen ist es immer fifty-fifty“, sagte DEB-Top-Scorer Dominik Kahun nach Deutschlands Aus bei der A-Weltmeisterschaft in Herning. In der Tat spielt der Faktor Glück im Shootout bekanntermaßen nicht selten eine erhebliche Rolle, doch dass die Entscheidung über Penaltys aus deutscher Perspektive schiefgehen würde, ließ sich nach nur einem mickrigen Stürmer-Tor in den letzten vier Turnierspielen fast schon erahnen. Und so kam es dann auch: Kein einziger der vier angetretenen DEB-Angreifer fand einen Weg vorbei an Dänemarks Keeper Frederik Dichow, während die Gastgeber gleich ihre ersten beiden Versuche verwandelten – die Dänen standen damit im Viertelfinale, das deutsche Team hingegen war erstmals seit 2018, damals im Übrigen ebenfalls in Herning, bereits in der Vorrunde gescheitert.
„Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, haben wir das Verbandsziel verfehlt“, ordnete Christian Künast das frühe WM-Ende ein. Der DEB-Sportdirektor bemühte sich zwar zu betonen, dass im Turnier „nicht alles schlecht“ gewesen sei, gab allerdings zu: „Wir müssen die Enttäuschung erst mal wegstecken.“ Künast wollte die deutsche Offensivflaute gegen die vier letztlich weitergekommenen Nationen der Gruppe B nicht an womöglich fehlender Körpergröße und Robustheit unter den nominierten Stürmern festmachen, räumte jedoch ein: „Es gibt mit Sicherheit Momente, in denen man vom Spielerischen weg und mehr auf das Dreckige vor dem Tor gehen kann.“ Tatsächlich ließ die deutsche Mannschaft ihr Tempo und ihre Spielstärke zwar auch in Herning immer wieder aufblitzen, doch die Fähigkeit, Tore mit Durchsetzungsvermögen vor dem gegnerischen Gehäuse zu erzwingen, war gegen starke Kontrahenten nicht zu sehen.
Hinzu kam die in Herning fehlende Form mehrerer Angreifer, die eigentlich für Torgefahr stehen. Dazu zählten unter anderem die DEL-Goalgetter Leo Pföderl und Justin Schütz, aber auch NHL-Star Tim Stützle, der vor allem mit Einzelaktionen zwar seine Szenen, unter dem Strich jedoch nicht genug Bindung zum deutschen Offensivspiel hatte und nach keinem einzigen Treffer im WM-Verlauf viel Verantwortung übernahm: „Ich muss einfach die Dinger reinmachen, über das ganze Turnier schon. Dass wir nicht ins Viertelfinale gekommen sind, daran habe ich einen großen Anteil. Es ist nicht ganz einfach, später dazuzukommen – aber nichtsdestotrotz kann ich besseres Eishockey spielen, das weiß ich“, sagte der 23-Jährige.
Dass sich Stützle und auch Kapitän Moritz Seider selbst viel Druck auferlegt und dadurch oftmals falsche Entscheidungen auf dem Eis getroffen hatten, war während der gesamten WM zu sehen gewesen, auch wenn Seider mit Blick auf seine Leistungssteigerung insbesondere gegen Dänemark nicht zu Unrecht anmerkte: „Ich hatte von Anfang an ein bisschen Kacke am Schläger, habe dann aber immer besser ins Turnier gefunden.“ Ohnehin dürfte sich die deutsche Turnieranalyse trotz des entscheidenden Charakters nicht primär um das „Endspiel“ gegen Dänemark drehen. Schließlich hatte die DEB-Auswahl gegen den Weltranglistenelften über weite Strecken „eines der besseren Spiele gemacht und weniger Fehler gemacht“, wie Stützle festhielt.
Das Turnierproblem der fehlenden Konstanz über 60 Minuten hatte sich indes auch gegen die Dänen bestätigt, denn erst ab dem zweiten Drittel zeigte die deutsche Mannschaft eine ansprechende Leistung, nachdem sie im Auftaktabschnitt von ihrem erneut starken Keeper Philipp Grubauer im Spiel gehalten worden war. „Die Mannschaft hat sich voll und ganz ins Spiel zurückgekämpft“, hob Harold Kreis zwar die Reaktion auf die Schwierigkeiten zu Beginn hervor, doch angesichts des negativen Endresultats war dies für den Bundestrainer selbstredend ein schwacher Trost: „Auch ich bin frustriert, dass es uns in diesem Jahr nicht gelungen ist, das Minimalziel Viertelfinale zu erreichen. Wir werden uns in der Analyse genauer anschauen, was wir in Zukunft anders machen können“, sagte Kreis – eine Analyse, bei der die fehlende offensive Durchschlagskraft nach dem symptomatischen WM-Ende eine große Rolle spielen dürfte.
Stefan Wasmer