Anzeige
Anzeige
Donnerstag, 28. Februar 2013

Dünnes Eis: Daran krankt das deutsche Eishockey, Teil 2 Sinkendes Niveau, zu viele Ausländer, Nervenschwäche

Foto: City-Press

Die Folgen des historischen Olympia-Aus sind noch nicht abzusehen. Die Debatte über die Zukunft des deutschen Eishockeys ist dagegen bereits in vollem Gange. Ist nach dem Debakel von Bietigheim und der enttäuschenden WM 2012 in Schweden nun plötzlich alles schlecht? Nein. Aber die Aussichten sind auch bei weitem nicht so gut, wie sie die zwei erfolgreichen WM-Turniere zuvor in Deutschland und der Slowakei suggerierten. Die Probleme der Sportart sind vielschichtig und größer, als es viele der Führungskräfte zumindest offiziell zugeben wollen.

Aber woran krankt das deutsche Eishockey? Eishockey NEWS nennt Gründe, warum die Sportart wieder einmal am Scheideweg steht. Im zweiten Teil unserer Serie konzentrieren wir uns auf rein sportliche Aspekte, im dritten Teil in der kommenden Woche werden wir die Nachwuchsarbeit in Deutschland beleuchten.

Dünnes Eis - Daran krankt das deutsche Eishockey (1 Einträge)

 


Nervenstärke ist kein Qualitätsmerkmal der Spieler

Vor allem die Strukturen des deutschen Eishockeys und seine Führungskräfte standen nach dem historischen Olympia-Aus im Mittelpunkt der Kritik. Doch auch die Leistungen der Nationalspieler gilt es zu hinterfragen.

Wille und Engagement sind selten bis nie in Zweifel zu ziehen, Nervenstärke schon. Im entscheidenden Moment die Top-Leistung abzurufen, fällt vielen Spielern schwer. Aber gerade das ist ein Qualitätsmerkmal herausragender Profis. Die Leistungsträger sind oft nicht in der Lage, in schwierigen Situationen den Weg vorzugeben und die Mannschaft mitzureißen, weil sie voll und ganz damit beschäftigt sind, nicht selbst am Druck, den sie sich auch persönlich machen, zu zerbrechen. Erlebtes zu verarbeiten, in die richtigen Bahnen zu lenken und manchmal auch zu vergessen, falle seinen Spielern schwer, hat Ex-Bundestrainer Uwe Krupp einmal erzählt.

Der eine oder andere selbstbewusste Spruch - sowieso etwas mit Seltenheitswert - täuscht nicht darüber hinweg, dass das Nationalteam eher aus Zweiflern besteht. Echte Führungsspieler, die auch mal intern anecken, ein Team aufrütteln und unangenehme Wahrheiten ansprechen, gibt es in der flachen Hierarchie der DEB-Auswahl kaum.

Das Niveau der DEL hat sich verschlechtert

Es ist nachvollziehbar, dass Funktionäre und Club-Bosse das Niveau der eigenen Liga nicht schlecht reden wollen. Ob die spielerische Klasse der DEL tatsächlich mit den anderen europäischen Top-Ligen vergleichbar ist, darf aber doch angezweifelt werden.

In diesem Zusammenhang lohnt auch ein Blick zurück und ein Blick auf die Ergebnisse der European Trophy, dem hochkarätig besetzten Vorbereitungsturnier im Sommer. Mit Stars wie Denis Pederson, Richie Regehr, Stefan Ustorf und Sven Felski holten die Eisbären Berlin 2010 den Titel. Im Herbst 2012 hatte der Meister große Mühe, um sich überhaupt für das Endturnier zu qualifizieren.

Vielleicht ist es aber einfach so, dass lediglich in der Spitze die Qualität fehlt oder nachgelassen hat, während die Leistungsdichte in der Breite zugenommen hat. Dafür würde auch die große Ausgeglichenheit innerhalb der Liga sprechen. Doch ein aktueller DEL-Trainer vertritt eine ganz andere These. Er sagt: "Je ausgeglichener eine Liga ist, umso schlechter ist das Niveau." Die Dominanz der Lockout-Spieler könnte seine Aussage untermauern. Ohne Vorbereitung stiegen die NHL-Profis aus dem Flugzeug und dominierten auf Anhieb.

Zu viele und vor allem zu wenig richtig gute Ausländer

Weniger wäre mehr, könnte man ganz allgemein sagen. Fakt ist: Während in früheren Jahren Kontingentspieler der Marke Pederson, Steve Walker, Pat Lebeau, Sergej Berezin und Jimmy Waite der Liga ihren Stempel aufdrückten, bestimmt aktuell eher "Einheitsware" das Bild. Spieler, die - wenn überhaupt - nur marginal besser und teilweise sogar schlechter sind als einheimische Akteure.

Masse statt Klasse ist das Motto. Für das Niveau der Liga ist das abträglich. Selbst Spitzenclubs wie Berlin oder Hamburg haben Mühe, überdurchschnittliche Ausländer zu engagieren, geschweige denn sie über einen längeren Zeitraum zu halten (siehe Abgänge der Top-Verteidiger Regehr und Lee im vergangenen Sommer).

Die Schweiz macht es vor: Bei den Eidgenossen dürfen pro Club nur fünf Ausländer eingesetzt werden. Das schafft Raum für einheimische Spieler, die in der NLA hervorragend gefördert werden, was letztlich wieder der Nationalmannschaft zugute kommt. Beim Thema Ausländer-Reduzierung wird in Deutschland gerne der steigende Kostenfaktor für deutsche Spieler als Totschlag-Argument ins Feld geführt. Das mag tatsächlich so sein, nur Schuld an dieser Misere sind die Clubs selbst. Kein Mensch zwingt die Manager dazu, völlig überteuerte Preise für einheimische Spieler zu zahlen.

Allerdings: Aus Fairnessgründen muss erwähnt werden, dass inzwischen nicht nur die russische KHL, sondern auch die Schweiz, Finnland und Schweden wesentlich höhere Gehälter für gute Ausländer bezahlen (können) als die DEL-Clubs. Schweden wird im kommenden Jahr die Ausländerbegrenzung ganz fallen lassen.

Torsten Weiß, Wolfgang Karl und Michael Bauer


Kurznachrichtenticker

  • vor 8 Stunden
  • Der frühere deutsche Nationalspieler Brooks Macek bleibt in der KHL. Avtomobilist Jekaterinburg meldet den Verbleib des Spielers für eine weitere Saison.
  • gestern
  • Emily Nix, Erstreihenstürmerin der deutschen Nationalmannschaft, steht vor einem Wechsel nach Schweden. Die SDHL gilt als stärkste europäische Liga. Der ERC Ingolstadt vermeldet ihren Abgang.
  • vor 2 Tagen
  • Das Teilnehmerfeld des Spengler Cups in Davos ist komplett. Neben dem Gastgeber und Team Canada sind die Straubing Tigers, der HC Dynamo Pardubice (Tschechien), der HC Fribourg-Gottéron (Schweiz) und Kärpät Oulu (Finnland) beim Traditionsturnier von 26. bis 31. Dezember am Start.
  • vor 2 Tagen
  • David Keckeis, der in den vergangenen zwei Jahren als Assistent der Geschäftsführung fungierte, wurde nun zum Leiter der Geschäftsstelle ernannt der Ravensburg Towerstars ernannt. Daniel Heinrizi wird seine neue Aufgabe als Sportdirektor bei den Löwen Frankfurt früher antreten.
  • vor 8 Tagen
  • TV-Auftritt: Bundestrainer Harold Kreis ist heute Abend, nach dem Länderspiel gegen Österreich, im „Aktuellen Sportstudio" zu Gast. Die ZDF-Sendung ist im Livestream um 22.30 Uhr und im TV-Kanal um 23 Uhr zu sehen.
Anzeige

Die Eishockey NEWS-App

Lesen Sie jetzt alles über die schnellste Mannschaftssportart der Welt auf Ihrem Tablet oder Smartphone. Alle deutschen Ligen, die NHL und die europäischen Clubs finden Sie auf einen Klick. Mit allen Artikeln und Bildern.
Anzeige