Frank Gentges
Foto: Unverferth
Frank Gentges, Trainer der Moskitos Essen in der Oberliga Nord, stand der Eishockey NEWS für ein Interview zur aktuellen Lage des Teams vom Westbahnhof in der neuen 18er-Liga zur Verfügung:
Herr Gentges, Ihr junges Team hat sich in den letzten Wochen im Kampf um die ersten acht Plätze gut geschlagen und durchaus den ein oder anderen Überraschungserfolg feiern dürfen, wie zum Beispiel beim Sieg in Neuwied. Wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonverlauf bisher?
Frank Gentges: "Natürlich bin ich mit den Leistungen meines 'Juniorenteams' und dem bisherigen Saisonverlauf sehr zufrieden. Für unser kleines Budget ist das Team perfekt besetzt und alle jungen Spieler haben zur Vorsaison schon einen gewaltigen Leistungsschub genommen, sonst wären diese Leistungen sprich Ergebnisse gar nicht möglich. Andererseits verlange ich immer mehr und mehr, ich will die Jungs in höhere Ligen bringen."
Was ist drin für die Moskitos in dieser Saison? Welche - aus Sicht der West-Teams eventuell ärgerliche - Rolle dürften die regionalen Gruppen am Ende für das Tabellenbild spielen?
Gentges: "Bei uns geht es mit unserem sehr jungen Team diese Saison rein um den Klassenerhalt. Würden wir, wie es in jeder anderen Liga und Sportart fairerweise Standart ist, alle gleich oft gegeneinander spielen, könnten wir uns andere Ziele setzen, aber bei dieser vollkommen unfairen geographischen Gruppeneinteilung ist das nicht möglich. 104 Punkte werden in der Einfachrunde jeder gegen jeden vergeben, dazu nochmals 24 Punkte in der Gruppenphase. Wir spielen in einer Gruppe mit Duisburg, Tilburg, Neuwied und Herne, also alles Top-Teams der Liga, somit kein Punktelieferant wie in anderen Gruppen, das sagt doch alles, diese fehlenden Punkte sind für uns nicht aufzuholen. Am Ende stehen jedenfalls nicht die besten acht Teams in den Playoffs."
Mit Michael Hrstka kehrte kürzlich ein erfahrener Defender nach Essen zurück, wie wichtig ist er gerade für ein so junges Team? Sind weitere Verstärkungen im Saisonverlauf noch möglich bzw. geplant?
Gentges: "Wir hatten von Beginn an geplant, dem sehr jungen Team zwei Spieler über 23 Jahren zur Seite zu stellen, die haben wir nun mit Stürmer Jan Barta und jetzt eben Michael Hrstka. Michael Hrstka sollte für unser junges Team natürlich wichtig werden, in welcher Form ihm das gelingt, entscheidet seine Leistung. Wie gesagt, unsere jungen Spieler haben sich enorm weiter entwickelt, da ist der Weg zur Führungsrolle kein Selbstläufer, aber das ist der Maßstab. Ich fordere keine Verstärkungen, unser Vorstand kennt meinen Wunschzettel und sollten sich finanzielle Möglichkeiten ergeben, kommen sie auf mich zu. Wichtig ist die wirtschaftliche Konsolidierung des Vereins und laut Aussagen des Vorstands sind wir da auf einem guten Weg. Andererseits bin ich für jeden neuen jungen, talentierten und willigen Spieler dankbar, insbesondere von unseren Kooperationspartnern. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir mit Florian Pompino, Vojtech Suchomer und Adam Suchomer drei Spieler abgegeben haben und Dominik Patocka, einer unserer besten Stürmer, krankheitsbedingt die komplette Saison ausfällt."
Der Zuschauerzuspruch in Essen blieb zuletzt trotz der spannenden Liga und den guten Ergebnissen Ihres Teams hinter den Erwartungen zurück. Ihre Meinung dazu?
Gentges: "Der Zuschauerzuspruch geht nicht einher mit unseren sportlichen Leistungen, das war auch letzte Saison leider schon so. Dies ist ganz klar der wirtschaftlichen Vergangenheit der Moskitos geschuldet. Wir müssen Schritt für Schritt das Vertrauen der Öffentlichkeit zurück gewinnen, das dauert in Essen eben wegen der Vergangenheit leider wesentlich länger als anderorts, aber seit meinem Amtsantritt gibt es eine stetig steigende Entwicklung und das gibt Hoffnung, durch Kontinuität irgendwann die Vergangenheit hinter sich zu lassen."
Welcher Spieler in Ihrem Team hat Sie bisher am meisten positiv überrascht, wer blieb noch hinter den Erwartungen etwas zurück?
Gentges: "Alle haben eine sehr positive Entwicklung genommen, aber der Weg ist für jeden einzelnen noch sehr lang. Die Jungs wissen, dass ich stolz auf sie bin, will hier aber keinen Einzelnen herausheben, dafür ist mir diese Generation viel zu selbstzufrieden."
Herr Gentges, Ihre Mannschaft hat der - wie Sie zuletzt betonten - derzeit besten Mannschaft der Liga aus Tilburg am vergangenen Wochenende Paroli geboten und musste sich nur knapp mit 3:4 geschlagen geben. Enttäuscht darüber, am Ende mit leeren Händen dazustehen, oder mächtig stolz auf Ihre Jungs?
Gentges: "In erster Linie müssen alle natürlich mächtig stolz auf die gezeigte Leistung sein, ich als Trainer bin natürlich auch sehr enttäuscht. Wie auch schon in anderen Spielen gegen die Top-Teams, waren wir physisch und taktisch besser, wir waren disziplinierter, hatten mehr Schüsse und mehr Großchancen, aber am Ende haben unsere Spieler eben nicht die nötige finale Qualität um sich zu belohnen und diese Spiele dann zu gewinnen. Aber das wussten wir, als wir sie verpflichtet haben, wäre es anders, wären sie gar nicht für unser finanzielles Angebot gekommen. Bei den Top-Teams sieht man dann, wie Top-Spieler aus wenig viel machen und das ist eben finale Qualität und Tore schießen ist eben eine Kunst."
Was fehlte am Ende gegen Tilburg, um doch noch zum Ausgleich zu kommen? Genügend Möglichkeiten in Überzahl bekam Ihr Team ja.
Gentges: "Wie gesagt Finalität, Finalität, Finalität ..allein im letzten Drittel hatten wir ein Schussverhältnis von 21:3 für uns. Um weiter zu kommen, müssen die Spieler kapieren, dass sie für Quoten bezahlt werden. Man bekommt bessere Angebote und mehr Geld für geschossene Tore und nicht für nicht geschossene Tore. Torhüter und Verteidiger bekommen dies für verhinderte Tore und nicht für bekommene Tore. Den meisten jungen deutschen Spielern fehlt das Bewusstsein dafür, das ist das größte Übel unserer Nachwuchsarbeit, die fehlende Konkurrenz. Im Seniorenbereich dann die ganzen falschen Automatismen von ihrer 'Festplatte' zu bringen, ist fast unmöglich."
Sie haben in dieser Saison (und auch in der Vorbereitung) schon schlechte Erfahrungen mit niederländischen Mannschaften und Schiedsrichtern gemacht, sind die Trappers dennoch eine Bereicherung für die Oberliga Nord?
Gentges: "Ich wohne an der holländischen Grenze, halte mich sehr oft in Holland auf und verfolge das Eishockey dort, seit ich selbst mit dem Eishockey begonnen habe, bin also absoluter Kenner der holländischen Eishockey-Szene. Um das also mal ganz klar zu stellen, ich habe absolut nichts gegen Holland, Holländer, Tilburg oder Tilburger, ganz im Gegenteilich bin einfach nur ein Verfechter dessen, dass jedes Team in dem Land spielen sollte, wo es hin gehört. Deshalb stellt sich mir die Frage, ob Tilburg eine Bereicherung für die Liga ist, auch nicht. Fakt ist aber, dass unsere Liga eine Bereicherung für Tilburg ist. Wäre dem nicht so, hätten sie nicht an unsere Tür geklopft. Fakt ist aber auch, dass Tilburg wie, für wen oder in welcher Form auch immer, eine Bereicherung ist, sonst wären sie ja nicht hier. Wenn Tilburg eine Bereicherung für die Liga ist, dann gibt es noch viele andere Kandidaten, die auch eine Bereicherung wären, wie verfährt man dann mit diesen Bewerbern, wenn sie bei uns spielen möchten. Der Spielermarkt ist wie leer gefegt, da wir immer weniger eigene Spieler produzieren, wird der Kampf um deutsche Spieler also immer größer. Wie verfährt man dann mit Vereinen, die folglich mit mehr EU-Spielern spielen wollen, was rein rechtlich natürlich möglich wäre und was nur durch ein gentlemen-agreement unter den Vereinen geregelt ist. Wenn man die Tür für einen öffnet, dann für alle und dann auch gleiches Recht für alle. Falsche Politik macht eben auch nicht vor der Oberliga halt und diese Fragen werden kommen. Leider zählt in der Oberliga auch nur das nackte Ergebnis und nicht, was man fürs deutsche Eishockey und insbesondere für deutsche Spieler tut. Manche Dinge sind nicht aufzuhalten, dann soll es eben so sein."