Vladimir Ruzicka
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Die Affäre um den ehemaligen Cheftrainer der tschechischen Eishockey-Nationalmannschaft, Vladimir Ruzicka, ist nicht im Sand verlaufen. Dies ist das Zwischenfazit der polizeilichen Ermittlungen gegen den heutigen Trainer des Extraligaklubs HC Pirati Chomutov. Verschoben hat sich indes der Fokus der polizeilichen Ermittlungen. Wurde gegen den 52-Jährigen zunächst wegen möglicher Bestechung ermittelt, so läuft die Causa nun auf den Verdacht der Veruntreuung hinaus.
Von seiner knapp 16-jährigen Trainer-Karriere hat Ex-Nationaltrainer Vladimir Ruzicka den Großteil als Chefcoach des HC Slavia Prag absolviert. In die Zeit bei Slavia fallen dabei die zwielichtigen Aktivitäten, denen die Polizei aufgrund einer Strafanzeige seit neun Monaten nachgeht. Sein damaliger Freund Jiri Moucka vermittelte an Ruzicka die Eltern von jungen Nachwuchshoffnungen, die ihre Kinder gern in ihrer sportlichen Entwicklung unterstützen wollten.
Gegenüber Reportern des Tschechischen Rundfunks sagte eine Mutter später aus: "Unserem Sohn wurde ein Vertrag im Wert von 5.000 Kronen angeboten. Die Bedingung für die Aufnahme in die Mannschaft war nicht nur sportliches Talent, sondern auch eine gewisse Beziehung zu Slavia. Zum Ausdruck kommen sollte sie in Form eines Geldgeschenks, das wir Herrn Ruzicka übergeben sollten."
Und noch mehr Eltern beschuldigten Ruzicka, für einen Profivertrag bei Slavia Schmiergeld verlangt zu haben. In einem heimlichen Videomitschnitt beschwerte sich ein Spielervater bei Ruzicka, dass sein Sohn trotz Zahlung von 500.000 Kronen (18.000 Euro) nicht zum versprochenen Einsatz bei Slavia gekommen sei. Das Video hat der Spielervater dann im April 2015 veröffentlicht und damit die ganze Affäre losgetreten.
Der Betreiber des Internetportals protikorupcnilinka.cz (dt.: Antikorruptions-Hotline), Jiri Jehlicka, erstattete daraufhin Strafanzeige gegen Rika. Jetzt aber haben die Ermittlungen eine etwas andere Richtung erhalten. Dazu sagte der Sprecher der Prager Polizei, Tomas Hulan: "Wir haben die Angelegenheit anfangs auf den Verdacht des Betrugs und der Bestechung hin untersucht. Nun aber münden die Ermittlungen auf den Verdacht der Veruntreuung."
Für den Verdacht der Bestechung habe es an Beweisen gemangelt, auch weil beide Seiten, der Spielervater und der ehemalige Slavia-Trainer, dies vehement abgestritten hätten. Nachweislich aber habe Ruzicka die halbe Million Kronen in Empfang genommen, sie aber nicht in der Vereinskasse des HC Slavia verbuchen lassen, erklärt Strafanzeiger Jehlicka.
Bezüglich der Veruntreuung aber wird mittlerweile noch in eine weitere Richtung ermittelt, sagt der Rundfunkreporter Janek Kroupa: "Die zweite Richtung, über die relativ wenig gesprochen wird, ist die Eishockeyschule, die von Vladimir Ruzicka betrieben wird. Denn meinem Kenntnisstand nach hat die Polizei sich auch mit der Stiftung befasst, die von Ruzicka geleitet wurde. Und diese Stiftung hat Geld gesammelt, von dem einiges auf das Konto von Vladimir Ruzicka geflossen sein soll."
Bevor die schriftliche Anklage nicht bei ihnen eingegangen ist, würden sich sein Mandant und er nicht zu den jüngsten Beschuldigungen äußern, sagte Ruzickas Anwalt Vit Kucera am Mittwoch. Dafür äußerte sich der aktuelle Arbeitgeber des Trainers, der HC Pirati Chomutov. Der Direktor des Clubs, Jaroslav Veverka jun.: "Für uns gilt weiter die Unschuldsvermutung, und diese Haltung werden wir auch bis zum finalen Ausgang der Affäre beibehalten. Wir haben weiter Vertrauen in Herrn Ruzicka." Ob dieses Vertrauen auch gerechtfertigt ist, wird die Zukunft zeigen. Im Falle eines Schuldnachweises im Sinne der Anklage aber drohen Ruzicka bis zu fünf Jahre Haft.
Lothar Martin