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Montag, 1. Februar 2016

Fans und Mitspieler jubelten „MVP, MVP“: Wie der unerwünschte Rollenspieler John Scott das NHL-All-Star-Game auf ein neues Level hob

Foto: imago

Am Ende ging alles ganz schnell. Schnell wie immer im Internetzeitalter, das dafür gesorgt hatte, dass er nun breit grinsend auf dem Eis stand. John Scott gab gerade ein Live-Interview, als er unterbrochen wurde und von seinen Mitspielern Brent Burns, Taylor Hall und Mark Giordano ganz eben mal locker auf die Schultern genommen wurde. Er war der Held des Abend. "MVP, MVP" hallte es durchs Stadion in Nashville, #VoteJohnScott wurde der Trend auf Twitter. Genauso laut. Alle machten mit, alle Fans und sogar alle Clubs. Die Edmonton Oilers entschuldigten sich sogar bei Taylor Hall. Nicht ihr Spieler war der MVP, sondern Scott.

Gerade eben hatte Scott mit "seinen" Pacific Allstars (die eigentlich gar nicht mehr seine hätten sein sollen) das enge und umkämpfte Finalmatch gegen die Atlantic Allstars mit 1:0 gewonnen und durfte sich über seinen Anteil an einer Millionen Dollar Preisgeld freuen. 90.000 waren das ungefähr. Aber es sollte noch mehr werden. Ein Van als MVP. Gut für den bald vierfachen Vater. Denn seine Frau Danielle erwartet Zwillinge. Zwei Töchter haben sie bereits. Danielle soll zuhause vor dem Fernseher geweint haben.

Noch mehr als jedes Preisgeld bedeuteten vielleicht die Gesten, die Erlebnisse, das ganze Wochenende für Scott: Schon bei seiner Pressekonferenz hatte der Hüne, der zuvor noch in der AHL im tausende Kilometer entfernten Neufundland versteckt worden war, um die Liga nicht lächerlich zu machen, dann aber doch ins Spiel eingeladen wurde, die Pressemeute gebeten "mal einen Moment still zu halten". Er hatte noch nie so eine großen Medienauflauf gesehen und wollte ganz einfach ein Foto machen. Die Presse tat ihm den Gefallen.

Blieb der Kapitän der Pacific Division (gewählt im Vorfeld von eben dieser großen Internetmenge) bei der Skills Competition im Schatten von Subban-Jagr oder Chewbacca-Burns, blühte er dann am Sonntag richtig auf. Wenn John Scott vorgestellt wurde, gab es stets den meisten Applaus und manchmal auch Standing Ovations. Die Geschichte wirkte beinahe wie geschrieben: Erster Wechsel, erster Schuss, erstes Tor. Scott jubelte wie ein Großer, schlitterte - wenn auch leicht wacklig - auf dem Knie übers Eis. Der Rest jubelte mit.

Wenig später postete ein Fan schon das Cover des Videospiels NHL 17 mit Scotts Jubelfoto. Damit nicht genug: Der 33-Jährige Zwei-Meter-Mann traf noch einmal. Zweimal in einem Spiel? Bisher hatte er es in ganzen 289 NHL-Partien nur fünfmal überhaupt geschafft, ein Tor zu erzielen. Natürlich wurde es auch etwas "rauher". Patrick Kane, der 25 Zentimeter kleiner und fast 40 Kilo leichter ist, verpasste er einen kleinen Schubs, dann gabs einen lachenden Showfight. Jaromir Jagr dürfte aufgeatmet haben. Er hatte ja im Vorfeld scherzhaft davon gesprochen, dass er ja nicht gegen Scott kämpfen wolle.

Nach dem Ende des Spiels stand Scott also nun auf dem Eis, sprach vom "bestmöglichen Ausgang", von einem "unvergesslichen Wochenende" und ganz viel "Spaß". Dann stemmten seine Teamkollegen, die alle deutlich mehr verdienen, mehr Tore schießen und mehr Anerkennung bei Liga und Fans genießen, ihren fast 120 Kilo schweren Teamkameraden in die Luft. MVP John Scott. Bill Daly kam zum Gratulieren, Gary Bettman auch. Der Commissioner verdient in einem Jahr soviel, wie Scott in seiner ganzen Karriere nicht.

Bilder von John Scott beim All-Star-Game (5 Einträge)

 

Klein wirkte Bettman neben dem Riesen Scott als er ihm den Scheck gab. Innerlich vielleicht zerknirscht? Man weiß es nicht. Denn er und die die Liga zeigten Größe, machten das Beste aus dieser im Vorfeld zur PR-Panne verkommenen Story. Was wohl seine Töchter denken würden, soll ein Liga-Offizieller im Vorfeld gefragt haben. Damit soll die Liga versucht haben, ihn von der Teilnahme abzuhalten. Scott kam danach erst recht. Er wollte es allen zeigen.

Denn es wurde nicht peinlich, es wurde phänomenal. Die Liga machte John Scott zum MVP eines All-Star-Games, das er nur durch seine Präsenz, sein Lachen, seine Begeisterung (und auch durch seine zwei Tore) zu einem neuen Erlebnis und einer PR-Story sondersgleichengemacht hatte. Zwar spielt er aktuell in Neufundland bei den St. John's IceCaps, weit weg von der AHL, aber dieser Auftritt könnte die Karriere des Rollenspielers fortsetzen. Falls nicht, hat er gezeigt, welche Größe und Rolle er wirklich spielen kann, im Konzert der großen NHL.

Michael Bauer


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