Linksaußen Robert Farmer (weißes Trikot) brachte die Briten mit dem 3:3-Ausgleich endgültig zurück in die Partie.
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Der große Außenseiter Großbritannien hat sich bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in der Slowakei am Montagnachmittag mit einem sensationellen Comeback-Erfolg über Frankreich überraschend den Verbleib in der Top-Division gesichert. Nach einem zwischenzeitlichen 0:3-Rückstand gewann der Aufsteiger die alles entscheidende Partie um den Klassenerhalt in der deutschen Gruppe A in Kosice noch mit 4:3 (0:0, 2:3, 1:0, 1:0) nach Verlängerung und schickt die Franzosen damit erstmals seit dem Jahr 2007 wieder in die Division IA. In der Gruppe B in Bratislava setzte sich Titelverteidiger Schweden derweil knapp mit 5:4 (1:0, 1:1, 3:3) gegen Lettland durch. Somit stehen auch in dieser Gruppe bereits vor dem letzten Spieltag mit Russland, Tschechien, der Schweiz sowie eben den Schweden alle Viertelfinalteilnehmer fest.
In Kosice begann der Showdown im Kampf um den Klassenerhalt spektakulär, als der britische Angreifer Ben Davies bereits nach wenigen gespielten Sekunden alleine auf das französische Gehäuse zulaufen durfte, in seinem Rücken dann jedoch einen Mitspieler erkannte und die Scheibe zurücklegte, ohne dass tatsächlich ein Mannschaftskameraden mitgelaufen war. Und auch im weiteren Verlauf des unter dem Strich größtenteils ausgeglichenen ersten Drittels, in dem sich Underdog Großbritannien im Rahmen seiner Möglichkeiten einmal mehr ordentlich präsentierte, waren hochkarätige Chancen keine Mangelware, doch weder NHL-Stürmer Alexandre Texier (2.) sowie der ehemalige Schwenninger Damien Fleury (5.) für Frankreich noch Liam Kirk bei einem weiteren britischen Breakaway (12.) nutzten ihre Gelegenheiten.
Umso zahlreichen fielen die Tore dafür im zweiten Abschnitt, in dem zunächst die Franzosen das dominante Team waren und mit drei Treffern innerhalb von fast exakt vier Spielminuten eindeutig auf die Siegerstraße abzubiegen schienen: Der Neu-Wolfsburger Anthony Rech mit einem perfekt platzierten Schuss in den Winkel (24.), Sacha Treille per Abfälscher im Powerplay (28.) sowie erneut der starke Rech mit einem weiteren sehenswerten Abschluss (ebenfalls 28.) stellten auf 3:0 für die Mannschaft von Head Coach Philippe Bozon. Das zweite und das dritte Tor erzielte Frankreich dabei binnen sechs Sekunden (!), was den zweitschnellsten Doppelschlag der A-WM-Historie bedeutete.
Was die französischen Treffern allerdings nicht bedeuteten, war eine Vorentscheidung. Als Robert Dowd in der 35. Minuten von einem schlimmen Fehlpass der Bleus in ihrer eigenen Zone profitierte und den Puck gekonnt mit seiner Rückhand zum 1:3 unter die Latte setzte, waren die neue Hoffnung und die neue Energie der Briten, die im Mitteldrittel lange ohne zwingende Tormöglichkeit geblieben waren, sofort spürbar. Folgerichtig verwertete Mike Hammond noch vor der zweiten Pause einen Rebound nach einem abgefälschten Schuss von Ben O'Connor zum 2:3-Anschlusstor (39.), und als Robert Farmer etwas mehr als fünf Minute nach Beginn des dritten Abschnitts den französischen Goalie Florian Hardy nach einer Einzelaktion im kurzen Eck bezwang und den zwischenzeitlichen kaum noch für möglich gehaltenen Ausgleich für die nun wieder deutlich präsenteren Briten markierte, war plötzlich wieder alles offen und die Bühne für eine dramatische Endphase bereitet.
In der Folge konnten weder Frankreich noch Großbritannien Kapital aus jeweils einem Powerplay in den Schlussminuten der regulären Spielzeit schlagen, weshalb die Entscheidung in der Overtime fallen musste. Und dort waren es zunächst die Franzosen, die auf den Siegtreffer drängten, doch während gute Gelegenheiten der Bleus nicht in einem Tor resultierten, nutzten die Briten ihren ersten wirklich gefährlichen Konter der Verlängerung eiskalt und sicherten sich durch Davies (63.) tatsächlich den überraschenden und entsprechend ausgelassen gefeierten Klassenerhalt.
In Bratislava konnte Lettland unterdessen die ersten beiden schwedischen Treffer durch Megatalent Elias Pettersson (11.) sowie Adrian Kempe (34.) in Person von Roberts Bukarts (30. und 42.) jeweils ausgleichen, und als Defender Janis Jaks das Team des ehemaligen NHL-Trainers Bob Hartley nur zweieinhalb Minuten nach dem 2:2 sogar erstmals in Führung brachte, durften die Letten plötzlich sogar wieder ernsthaft auf das Viertelfinale hoffen. Anton Lander (50.) sowie Patric Hörnqvist (51.) bogen die Partie allerdings innerhalb von 69 Sekunden wieder um, und auch der dritte lettische Ausgleich wiederum durch Roberts Bukarts (57.) war nicht genug, da die Mannschaft aus dem Baltikum einen Dreier benötigte, um ihre Viertelfinalchance zu wahren. Dementsprechend nahm Hartley seinen Goalie kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit vom Eis, doch dies resultierte 34 Sekunden vor der Schlusssirene lediglich in Dennis Rasmussens Empty-Net-Goal zum 5:4-Sieg für Schweden.
Stefan Wasmer