Moritz Seider beim NHL Draft in Vancouver.
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Nicht nur Runde eins, sondern der gesamte Draft 2019 stand insbesondere im Zeichen des "National Team Development Program" der USA. Denn satte acht Spieler aus dem Ausbildungsbereich des in Plymouth und Ann Arbor nahe Detroit im Bundesstaat Michigan beheimateten NTDP wurden allein in der ersten Runde ausgewählt - neuer Rekord. Im gesamten Draft waren es am Ende sogar 17 Spieler nur eines NTDP-Jahrgangs, der natürlich mit Jack Hughes als "1st Overall" angeführt wurde. Der technisch herausragend veranlagte Spielmacher setzte sich erwartungsgemäß gegen den Finnen Kaapo Kakko durch und ging an die New Jersey Devils. Keine Überraschung. Diese lieferten dafür die Detroit Red Wings, die an der sechsten Stelle auswählen durften.
Als Steve Yzerman seinen Namen nannte, hielt Moritz Seider erst einmal ungläubig die Hände vor sein Gesicht, schüttelte seine rechte und atmete einmal kräftig durch. So früh seinen Namen zu hören, damit hatte der 18-Jährige nicht gerechnet.
Er umarmte Mutter Sabine und Vater Kay, ging die Treppen hinunter und zog währenddessen schon sein Jacket aus, um danach sein neues, rotes Trikot mit seinem Namen von Assistant Manager Kris Draper in Empfang zu nehmen - ausgerechnet das Trikot mit der Nummer 19, die zwar in diesem Fall für das Draftjahr 2019 stand, aber einst die Nummer war, die Yzerman (zweitbester Scorer der Franchise nach Gordie Howe) von 1985 bis 2006 bei den Detroit Red Wings trug und seit dessen Karriere-Ende nicht mehr vergeben wird.
Kurzes Händeschütteln mit NHL-Commissioner Gary Bettman, Coach Jeff Blashill, Yzerman und den anderen Red-Wings-Offiziellen und fortan war Seider ein Mitglied des elfmaligen Stanley-Cup-Siegers (zuletzt 2008) mit der ruhmreichen Vergangenheit und NHL-Legenden wie Howe, Ted Lindsay, Red Kelly, Alex Delvecchio, Yzerman, Brendan Shanahan oder Nicklas Lidström. Seider ist nun Mitglied des Clubs aus der "Hockeytown" bzw. wegen der Autoindustrie Motor City genannten Stadt: "Mo in Motown" also. Die ersten Worte von Yzerman: "Bleib locker und genieße den Moment." Denn seine Hände hätten immer noch gezittert und seien schweißnass gewesen, sagte Seider mit einem Lächeln bei einem seiner ersten Interviews in die Kamera.
Nummer 6 im Draft, die dritthöchste Position aller in Deutschland geborenen Spieler nach Dany Heatley (2000, Atlanta, Position 2) und Leon Draisaitl (2014, Edmonton, Position 3) und zugleich der erste deutsche Verteidiger, der jemals in der ersten Runde gezogen wurde. Da war sogar Seider danach "geschockt", wie er im ersten Liveinterview danach zugab. "Mein ganzer Körper hat gezittert vor Freude. Ich habe zu meiner Mutter rübergeschaut. Es war ein surrealer Moment."
"Wir waren der Meinung, dass er einer der besten Verteidiger im Draft war und wir hatten die Picks 6 und 35. Daher mussten wir eine Entscheidung treffen. Wir wussten, dass er auf Position 35 nicht mehr zu haben sein würde. Daher haben wir die Optionen geprüft, nach hinten zu traden, was aber nicht möglich war." Chefscout Hakan Andersson sagte dem Internetportal The Athletic: "Nach dem Draft haben wir dann gehört, dass eine Menge Teams, die direkt nach uns gezogen haben, gedacht haben, dass sie Seider kriegen."
Michael Bauer
Den kompletten Bericht lesen Sie in unserer aktuellen Printausgabe. Außerdem finden Sie dort ein viertägiges Tagebuch von Seider sowie eine generelle Zusammenfassung des "Überraschungsdrafts".