Am Ziel: Nach dem entscheidenden 2:0-Erfolg in Spiel 6 der Stanley-Cup-Finalserie gegen die Dallas Stars kannte die Freude bei den Tampa Bay Lightning keine Grenzen.
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Welch einen Unterschied ein einziges Jahr doch machen kann. Noch 2019 leisteten sich die Tampa Bay Lightning eine der größten Blamagen der jüngeren NHL-Historie, als das Team aus dem US-Bundesstaat Florida nach einer herausragenden Hauptrunde mit 62 Siegen aus 82 Partien und insgesamt 128 Punkten als Presidents’-Trophy-Gewinner bereits in der ersten Runde der Playoffs ohne einen einzigen Erfolg an den Columbus Blue Jackets scheiterte. Doch daran denkt spätestens seit der Nacht zum Dienstag niemand mehr. Da nämlich sicherten sich Tampa mit einem 2:0-Sieg in Spiel 6 der Finalserie gegen die Dallas Stars seinen zweiten Stanley Cup nach 2004.
Die Lightning sind damit die erste Mannschaft der NHL-Geschichte, der nach einem Ausscheiden via Erstrundensweep im folgenden Jahr der ultimative Triumph gelungen ist. „Im Prinzip sind wir vom Klohäuschen in das Penthouse gegangen“, beschrieb Head Coach Jon Cooper die historische Leistung, an der auch Julien BriseBois einen großen Anteil hat. Tampas General Manager profitiert einerseits von der exzellenten Arbeit seines Vorgängers Steve Yzerman, der Topspieler wie Brayden Point, Nikita Kucherov, Ondrej Palat oder Anthony Cirelli nicht etwa in der ersten Runde des Drafts ausgewählt, sondern in den späteren Runden gefunden hatte. Andererseits zog BriseBois selbst die richtigen Schlüsse aus dem Debakel gegen die Blue Jackets und versammelte um den Kern seines Teams herum mit Neuzugängen wie Pat Maroon, Blake Coleman, Barclay Goodrow oder Defender Zach Bogosian wertvolle physische Präsenz.
Und auch jene Spieler, die das schmerzhafte Aus gegen Columbus selbst miterlebt hatten, wirkten in den diesjährigen Playoffs gereift. Dass die Lightning seit dem Re-Start der Saison 2019/20 Anfang August stets die passende Antwort auf eine Niederlage fanden und kein einziges Mal zwei Partien in Folge verloren, verdeutlicht dabei eindrücklich, wie mental stabil Tampas Team diesmal war. „Wir mussten als Mannschaft wachsen. Und wir haben nicht unbedingt justiert, wie wir das Spiel spielen. Ich weiß nicht, ob es so sehr um unsere Struktur wie um unseren Kopf ging“, hatte Cooper bereits weit vor dem Cup-Sieg erkannt.
Die mentale Stärke, in den entscheidenden Momenten Topleistungen abzurufen, demonstrierten dabei insbesondere auch die Leistungsträger der Lightning. Ob Point, Kucherov, Goalie Andrei Vasilevskiy oder Verteidiger Victor Hedman – sie alle wurden ihrem Star-Status in der diesjährigen Endrunde vollauf gerecht. Letzterer stach jedoch nicht nur mit seinen zehn Toren besonders hervor und erhielt deshalb verdientermaßen die Conn Smythe Trophy für den wertvollsten Spieler der Playoffs. „Am Ende des Tages ist das aber nicht meine Trophäe. Diese Trophäe gehört jedem. Sie hätte an jeden Einzelnen in diesem Team gehen können“, betonte allerdings auch Hedman die kollektive Mannnschaftsleistung, die diesem Lightning-Kader tatsächlich niemand absprechen kann.
Stefan Wasmer