Jaromir Jagr feiert seinen 50. Geburtstag
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Vor etwa zwei Wochen fragte Wayne Gretzky, Führender der ewigen NHL-Scorer-Wertung, den besten Europäer und Zweitplatzierten der Liste, Jaromir Jagr, in einer Schalte des TV-Senders TNT: „Warum spielst du noch?“ Und „The Great One“ bekam zur Antwort: „Wenn man etwas liebt, ist es schwer, es aufzugeben. Ich habe dem Eishockey sehr viel geopfert, da gibt man nicht einfach auf. Mir macht es weiterhin Spaß.“
Jagr wird am heutigen Dienstag 50 Jahre alt, und er spielt immer noch auf Erstliganiveau – in der tschechischen Extraliga für die Rytiri Kladno (acht Tore und elf Vorlgaen in 35 Spielen in dieser Saison), seinen Stammverein, den er seit 2011 als Mehrheitsaktionär führt. Bevor der Jubilar vor vier Jahren in Kladno sein Comeback feierte, spielte er 27 Jahre lang im Ausland (24 in der NHL, drei in der KHL). In dieser Zeit legte er eine überaus erfolgreiche Weltkarriere hin. Ohne die politische Wende in der Tschechoslowakei aber wäre es wohl nicht dazu gekommen. „Wenn es diesen 17. November 1989 nicht gegeben hätte, dann hätte ich niemals schon mit 18 Jahren in der NHL gespielt“, sagte Jagr anlässlich des 30. Jahrestags der sogenannten Samtenen Revolution.
Für mehrere Clubs, für Experten und Fans war es ein Segen, dass Jagr nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die große Eishockeybühne betrat. Doch es war nicht nur seine überragende spielerische Klasse, die ihm eine enorme Popularität einbrachte, sondern auch sein Habitus. „Ich prahle und protze nicht. So bin ich einfach nicht“, bekannte Jagr in einem Interview für das tschechische Sport Magazin, als er in Sibirien für Avangard Omsk spielte.
Weitab von der schillernden Welt der NHL konzentrierte sich der Tscheche nicht nur auf seine Berufung Eishockey, sondern bildete sich auch weiter. „Ich lese überwiegend Bücher, die sich mit Psychologie befassen, oder mit Dingen über den Glauben. Wo ein Glaube ist, da verschwinden Angst und Sorge“, verriet er damals. Jagr wusste, dass sein Status als Superstar ihn in der Öffentlichkeit auch in eine Vorbildrolle schob – und die wollte er stets erfüllen. „Mein Naturell ist, dass ich Menschen, die auf mich setzen, in irgendeiner Weise etwas zurückgeben möchte, weil sie an mich glauben.“
Jagr meinte damit vor allem Akteure seines direkten Umfeldes wie Trainer oder Mitspieler. Doch auch Freunde, Familie und Fans wollte er möglichst nie enttäuschen. Weil der Megastar diese Einstellung verinnerlichte, hofften viele Zuschauer vor einem Match mit Jagr, dass sie auch einen Schuss Genialität geboten bekommen. Und der Tscheche lieferte. Ein ums andere Mal gab es Standing Ovations, wenn der Flügelstürmer in der NHL wieder einen Rekord markierte. Spielte er für Tschechien bei einer Weltmeisterschaft, waren die Titelkämpfe auch Bühne einer unübersehbaren Jagr-Mania. Seine Teilnahme an der Heim-WM 2015 sorgte für einen Zuschauerrekord, bei Begegnungen in der Extraliga sind die Arenen meist ausverkauft, wenn Kladno mit Jagr gastiert.
Auch in Deutschland hat „Big Jaromir“ einige Duftmarken gesetzt. Unvergessen ist sein einmaliges Gastspiel 1994 auf Schalke, wo er als „Gegenleistung für ein Jägerschnitzel mit Pommes“ einen selbst erzielten Treffer und zehn Assists servierte. Schmerzhaft für den Superstar waren indes die legendäre 1:7-Niederlage in Deutschland beim World Cup of Hockey 1996 und der Stockschlag des deutschen Verteidigers Stefan Schauer bei der WM 2005, der den Gelenkbruch eines Fingers verursachte. Doch beide Kapitel zeitigten ein Happy End: Die Pleite von Garmisch motivierte die Tschechen zu ihrem Olympiasieg 1998 in Nagano, die Weltmeisterschaft in Wien bescherte Jagr neben dem Titel auch den Beitritt zum Triple Gold Club. Und Germany weiß auch zu gratulieren: Zu Jagrs 42. Geburtstag, den er 2014 bei Olympia feierte, waren es deutsche Köche, die seine Geburtstagstorte im Eishockeyhaus des Weltverbandes IIHF in Sochi gebacken haben.
Lothar Martin