Scott Smith ist von seinem Amt als CEO von Hockey Canada zurückgetreten.
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Die Führungsriege des kanadischen Eishockeyverbandes Hockey Canada, darunter Chief Executive Officer Scott Smith, ist nach immer heftiger werdender Kritik zurückgetreten. Hintergrund ist ein mutmaßlicher Gruppenvergewaltigungsskandal (Eishockey NEWS berichtete) aus dem Jahr 2018 mit anschließendem undurchsichtigem Umgang mit dem Fall. Zuletzt hatten zahlreiche Sponsoren dem Verband den Rücken gekehrt.
Nun werde ein Managementkomitee eingesetzt, das auf Interimsbasis den Verband führt, bis neue Führungspersonen auch einen neuen CEO ernennen, heißt es. Am 17. Dezember sind Neuwahlen angesetzt. In der Mitteilung des Verbandes heißt es, man reagiere auf die „dringende Notwendigkeit ein neues Führungsgremium und neue Perspektiven“ zu schaffen. Außerdem wurden dazu aufgerufen, „die Zukunft der Organisation zu formen“. Dazu sollen sich qualifizierte Einzelpersonen auf die von einem unabhängigen Nominierungsausschuss veröffentlichten Aufruf melden.
In der vergangenen Woche war der Verband in immer unruhigere Fahrwasser geraten: Denn die Affären um mit dem Geld der Mitglieder heimlich angelegte Fonds, mit dem Zweck, aufgetretene Fälle von sexuellem Missbrauch durch Spieler des Juniorennationalteams der Männer mit Schweigegeld zu regeln, zogen zuletzt immer weitere Kreise.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte im Frühjahr das Bekanntwerden der Zivilklage einer Frau in Ontario, die angab, 2018 am Rande eines Events der „Hockey Canada Fundation“ von acht Männern, darunter auch Mitglieder des kanadischen Juniorennationalteams, sexuell missbraucht worden zu sein. Noch bevor die Ermittlungen vollständig beendet waren, wurde der Fall nach außergerichtlicher Einigung beendet. Mitglieder der kanadischen U20-Nationalmannschaft, die als der Teil der Ermittlungen befragt werden sollen, kamen auf dieser Weise um eine Aussage herum. Mittlerweile haben die örtlichen Behörden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Der bekannt gewordene Fall soll derweil längst nicht der einzige seiner Art gewesen sein.
Dass obendrein auch noch bekannt wurde, dass Funktionäre mit Verbandsmitteln eine Luxuswohnung in Toronto kauften, oder teure Weine und Uhren als Geschenke eher Usus als Ausnahmefall gewesen waren, machte die Situation in ihrer Außenwirkung keineswegs besser. Vor allem die Kultur des Schweigens und Verschweigens, die sich im Umgang mit den Missbrauchsfällen bis zuletzt zeigte, brachte nun das Fass zum Überlaufen.
Nach erneuten Anhörungen vor dem kanadischen Parlament in der vergangenen Woche zogen zwischenzeitlich fast schon im Minutentakt langjährige Partner des Verbands Konsequenzen: Reihenweise erklärten Sponsoren, darunter beispielsweise die seit vielen Jahrzehnten im Eishockey-Sponsoring verwurzelte Schnellrestaurantkette „Tim Hortons“ den Ausstieg aus dem Sponsoring des prestigeträchtigen Männer-Eishockey. Auch andere bekannte Unternehmen, wie Scotiabank, Chevrolet oder „Canadian Tire“ erklärten öffentlichkeitswirksam das Ende ihre Zusammenarbeit mit dem Verband. Nach dem massiven Exodus wichtiger Sponsoren erklärte am Sonntag schließlich Andrea Skinner, die Vorsitzende des Verbands, die dieses Amt indes ohnehin nur interimsweise ausgeübt hatte, ihren Rücktritt.
Auch NHL und AHL wurden in den vergangenen Tagen in diesen Strudel mit hineingezogen: Eine bislang unbekannte Frau wirft Ian Cole (33, aktuell Tampa Bay Lightning) vor, sie als Minderjährige zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben. Das Ganze sei über mehrere Jahre gegangen. Der Club reagierte und suspendierte den zweimaligen Stanley-Cup-Sieger (2016 und 2017 mit Pittsburgh). Club und Liga kündigten eine Untersuchung an. Der Spieler solle am Mittwoch dazu befragt werden.
In der AHL feuerten die Bakersfield Condors, das Farmteam der Edmonton Oilers, Head Athletic Trainer Chad Drown, der wegen einer mutmaßlichen Kontaktaufnahme zu einer minderjährigen Person in Zusammenhang mit einer Sexualstraftat angeklagt wurde.
Michael Bauer/Joachim Meyer