Foto: Tim Heß
Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die direkt aus der Traumfabrik Hollywood stammen könnten. Geschichten von unermesslichem Leid, aber auch von grenzenloser Solidarität und dem unbändigen Willen, die Dunkelheit zu besiegen. All diese Emotionen kulminierten für die Columbus Blue Jackets an diesem einen Abend, der heller strahlte als jeder andere.
Erstmals in ihrer Franchise-Geschichte nahmen sie an einem Outdoor Game teil – vor der zweitgrößten NHL-Kulisse aller Zeiten. 94.751 Zuschauer waren im Rahmen der Stadium Series ins Ohio Stadium gekommen, doch in Wahrheit dürften es 94.752 gewesen sein. Denn Johnny Gaudreau war omnipräsent. Die Erinnerung an den Star der Blue Jackets, der am 29. August 2024 bei einer Fahrradtour von einem Jeep erfasst und ebenso wie Bruder Matthew gewaltsam aus dem Leben gerissen worden war, verwandelte ein profanes Eishockeyduell in eine bewegende Gedenkveranstaltung. Bei der Ankunft am Stadion trugen die Spieler der Detroit Red Wings Gaudreau-Trikots, die Blue Jackets kleideten sich im Lieblingslook ihres ehemaligen Mitspielers. Aufs Eis wurden sie schließlich von Gaudreaus Witwe Meredith, den Kindern Noa und Johnny Jr. sowie Gaudreaus Mutter Jane geführt. Während des Spiels entrollten die Fans ein riesiges Banner ihrer Nummer 13.
Man hätte angesichts dieser überwältigenden Emotionen beinahe vergessen können, dass auf dem Eis eines der sportlich bedeutungsvolleren Duelle dieser NHL-Saison ausgetragen wurde. Columbus und Detroit rangieren derzeit auf den Wildcard-Plätzen der Eastern Conference – mit geringem Abstand nach oben und unten. Dass sich die Blue Jackets in dieser Position befinden, ist eine der größten Überraschungen, die diese Saison hervorgebracht hat. Fast wirkt es so, als bestritten sie ihre Spiele dauerhaft in Überzahl – bei sechs gegen fünf mit Gaudreau auf dem Eis. „Wir spielen schon die ganze Saison für ihn“, sagte Kapitän Boone Jenner vor dem Duell gegen die Red Wings.
Und wie anders hätte dieser magische Abend enden können als mit einem Sieg der Blue Jackets? Zwar dominierte Detroit über weite Strecken der Partie und kam nach einem zwischenzeitlichen Zwei-Tore-Rückstand dreieinhalb Minuten vor Schluss durch Alex DeBrincat zum hochverdienten Ausgleich, doch am Ende lagen sich die Blue Jackets in den Armen. Nach einer energischen Einzelaktion brachte Justin Danforth sein Team in der 58. Minute erneut in Führung, ehe Adam Fantilli mit einem Empty-Net-Goal alles klarmachte. Zwei Tage zuvor hatten die Blue Jackets in Detroit mit 5:2 gewonnen. Mit den beiden Siegen gegen einen ebenfalls formstarken Gegner unterstrich Columbus eindrucksvoll seine Playoff-Ambitionen. Doch selbst, wenn es am Ende nicht reichen sollte, kann man in Ohio der Zukunft erwartungsvoll entgegenblicken. Zach Werenski spielt auf Norris-Trophy-Niveau. Kirill Marchenko ist in dieser Saison zu einem veritablen Star gereift. Adam Fantilli und Kent Johnson sind auf dem besten Wege dorthin. Johnny Gaudreau wäre sicher stolz.
Siegmund Dunker