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Donnerstag, 1. Oktober 2020

Liga-Aufsichtsrat im Interview, Teil 2 Wolfgang Brück: „Ganz ehrlich: Wie kann man so eine Frage stellen?“

Wolfgang Brück
Foto: City-Press

Am heutigen Freitag will die PENNY DEL darüber entscheiden, ob sie am geplanten Saisonstart 13. November festhält. Angesichts eines im Raum stehenden Fehlbetrags von 60 Millionen Euro für die Spielzeit 2020/21 erscheint das derzeit unwahrscheinlich. Eishockey NEWS sprach mit Wolfgang Brück, Aufsichtsrat der Liga und Clubchef der Iserlohn Roosters, über fehlende Millionen, die Vorgehensweise der Liga, Solidarität und Szenarien für eine Saison. Hier ist Teil 2 des großen Interviews aus der aktuellen Print-Ausgabe. Teil 1 finden Sie hier.

Zurück zum Gesellschaftertreffen: Gibt es denn Reaktionen der wichtigen Ligapartner PENNY und Telekom?
Wolfgang Brück: „Natürlich sind die informiert.“

Wie ist denn die Reaktion ausgefallen? Gibt es Verständnis für die Vorgehensweise?
Brück: „Ganz ehrlich: Wie kann man so eine Frage stellen?“

Ich finde die schon wichtig.
Brück: „Ich bleibe dabei: Wie kann man so eine Frage stellen? Sie würden ja die Geschäftsführer von elf der 14 Standorte sehenden Auges auffordern, sich strafbar zu machen. Und wie können Sie dann denken, dass andere ordentliche Kaufleute unseren Weg nicht korrekt finden?“

Aber die Zustimmung dieser Partner ist ja essenziell. Deshalb frage ich.
Brück: „Wir reden mit allen Geschäftspartnern der Liga und Clubs. Deshalb ist dieser Begriff ,Bankrott’, den sie benutzen…“

… das ist nicht mein Begriff, der kam aus der Liga.
Brück: „Ja, aber andere Leute haben den ja angeblich benutzt. Bankrott ist, was gerade in manchen Bereichen des Profisports passiert. Und das könnte möglicherweise noch rechtliche Folgen haben.“

Die Liga fordert seit der Absage der Playoffs Geld vom Staat. Viel mehr ist ihr nicht eingefallen. Die Kaderlisten sehen aus wie in Nicht-Pandemiezeiten. Hätte die Liga selbst mehr unternehmen müssen? Zum Beispiel das Thema Aussetzung Abstieg viel früher angehen?
Brück: „Wofür ist denn die Liga zuständig? Wer oder was ist die Liga?“

Die Liga als Gemeinschaft der 14 Clubs.
Brück: „Was hat denn die Liga damit zu tun, welche Spieler beispielsweise Krefeld oder Iserlohn verpflichten?“

Es wirkt halt nach außen, als würde der Betrieb normal weiterlaufen.
Brück: „Was heißt denn ,nach außen’? Das ist Ihre falsche Darstellung, wo Sie nicht differenzieren zwischen Ligenspielbetrieb, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt und wofür die Clubs zuständig sind.“

Wundert es Sie nicht, wie manche Kaderlisten aussehen?
Brück: „Interessiert mich nicht. Wir reden über Finanzen.“

Dazu gehören Kaderlisten. Die Spieler kosten ja Geld.
Brück: „Was soll ich zu Mitbewerbern sagen?“

Das Gesamtbild der Liga ist halt kein einheitliches. Auf der einen Seite wird Geld und Unterstützung gefordert, auf der anderen holen manche Clubs ihre Spieler, nehmen den Trainingsbetrieb voll auf und bestreiten Testspiele. Das passt nicht zusammen.
Brück: „Wir befanden und befinden uns in einem laufenden Prozess, in dem sich im Juli oder August bei entsprechendem Pandemieverlauf hätte entscheiden können, dass wir mit voller Kapelle spielen dürfen. Wenn wir da gesagt hätten, wie Sie es möglicherweise in den Raum stellen, die Clubs dürfen keine Spieler verpflichten, hätten wir keine Mannschaften gehabt.“

Aber wir haben momentan die Situation, dass Clubs zu 100 Prozent in Kurzarbeit sind, während bei anderen die Vorbereitung auf einen Saisonstart, der noch in den Sternen steht, voll läuft.
Brück: „In den Sternen steht, ist jetzt Ihre Formulierung. Die ist unsachlich und daneben. Wir haben noch einen Saisonstart am 13. November. Der ist bis zu einem anderen Datum weiter im Rennen und wird dann gegebenenfalls verschoben. Und in der Liga gibt es halt Clubs, die sind finanziell so ausgestattet, dass sie ihre Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken müssen. Dann gibt es Clubs, die haben diese finanziellen Möglichkeiten nicht und die Spieler noch nicht einmal da. Wo ist das Problem?“

Es geht um 60 Millionen Fehlbetrag.
Brück: „Das hat doch nichts mit der Frage zu tun, ob München trainiert oder nicht. Das ist völliger Schwachsinn.“

Dennoch ist das derzeit das Bild der Liga.
Brück: „Was hat das mit Bild zu tun? Es gibt Unternehmen in der Branche, die sind in Kurzarbeit. Andere nicht. Wo ist das Problem? Dann ist das eben so.“

Sie sehen die Liga nicht als Gesamtbild?
Brück: „Moment. Nehmen wir mal die Automobilbranche. Da gibt es Unternehmen, die sind in Kurzarbeit, und andere, die sind es nicht. Ist deshalb das Bild der Automobilbranche schlecht? Es wird nur eine Situation dokumentiert, die offensichtlich zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Folgen an den Standorten führt. Wenn ein Verein nun im Eishockey die wirtschaftlichen Möglichkeiten hat, so ist zumindest die Meinung im Aufsichtsrat, dann respektieren wir das und freuen uns für den Standort. Was soll daran schlecht sein? München braucht kein Geld. Also gehören die nicht in den Topf derer, die fordern. Aber nur weil es ein, zwei Unternehmen gut geht, kann dennoch eine ganze Branche Milliardenzuschüsse bekommen. Das sieht man in der Wirtschaft. Warum soll unser Sport anders betrachtet werden?“

Sollte der Start verschoben werden, was ist der nächste Schritt? Wie viele Pläne hat die Liga noch in der Schublade?
Brück: „Wenn wir bis zum 2. Oktober keine Lösung finden, wird der Start am 13. November nicht stattfinden können. Darüber müssen aber die Gesellschafter entscheiden. Kernaussage bleibt dennoch: Wir wollen spielen.“

Je kürzer eine Saison, desto geringer sind die Kosten. Wäre eine sehr komprimierte Saison über einen kurzen Zeitraum ein denkbares Modell?
Brück: (überlegt lange) „Ich weiß nicht, ob man das so verallgemeinern kann. Ziel ist ja, einen transparenten Wettbewerb darzustellen. Wettbewerb heißt, dass alle Mannschaften daran teilnehmen. Aber irgendwann kommt die Frage nach der Zeit. Wann geht das Fenster für eine reguläre Saison zu?“

Was wäre denn sportlich noch werthaltig? Was das Minimum an Spielen?
Brück: „Es gibt viele Szenarien, die man im Kopf hat. Aber ich möchte mir nicht anmaßen, jetzt zu sagen, was ich sportlich noch als sinnvoll erachte. So weit sind wir nicht. Wir wollen eine komplette Hauptrunde spielen. Und es ist noch nicht an der Zeit, diese Dinge jetzt zu begraben. Sicher wird es zeitlich immer enger, doch derzeit wäre es weiter machbar. Doch wir wären doof, wenn wir gewisse andere Szenarien nicht intern andenken würden.“

Heißt: Selbst wenn am Freitag der 13. November nicht zu halten wäre, sind 52 Hauptrundenspiele mit Playoffs immer noch nicht definitiv vom Tisch?
Brück: „Das ist mein Kenntnisstand.“

Wie viele Clubs wären denn derzeit überhaupt in der Lage, den Spielbetrieb aufzunehmen?
Brück: (lacht) „Wenn ich das sagen würde, würde ich ja genau das machen, was ich kritisiert habe. Ich werde sicher nicht herausposaunen, wie sich jeder Club geoutet hat. Aber: Wenn nur einer oder zwei Clubs nicht spielen könnten, würden wir sicher in eine andere Richtung denken. Der Fehlbetrag zeigt ja alleine, dass es sich um eine Menge handeln muss.“

Unser Stand ist: Drei Clubs können und wollen spielen, elf nicht.
Brück: „Gab es da nicht mal ein Gewinnspiel Drei aus Elf? (lacht) Was soll ich sagen: Drei von 14 sind doch schön. Es sind einfach, das ist kein Geheimnis, sehr, sehr unterschiedliche Voraussetzungen an den einzelnen Standorten. Da gibt es Ausreißer.“

Das Ziel ist, das haben Sie auch noch einmal gesagt, mit allen 14 Clubs in die Saison zu gehen. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber wäre es durch die Aussetzung des Abstiegs auch denkbar, dass irgendwann nur die willigen Clubs spielen und die anderen ein Jahr aussetzen?
Brück: „Das ist kein Szenario, über das wir momentan nachdenken.“

Interview: Torsten Weiß


Kurznachrichtenticker

  • vor 11 Stunden
  • Die Selber Wölfe (DEL2) sind nach eigenen Angaben zum wiederholten Male mit einer Geldstrafe bedacht worden. Grund seien Becherwürfe im Heimspiel gegen die Dresdner Eislöwen am Freitag vergangener Woche. Sie sprechen von finanziellem Schaden und beflecktem Image und suchen nach den Werfern.
  • vor 2 Tagen
  • Das DEL-Schiedsgericht hat die Sperre von fünf Spielen inklusive einer Geldstrafe gegen Jakob Weber von den Eisbären Regensburg aufrechterhalten, nachdem Weber Berufung gegen das Urteil eingelegt hatte. Somit ist der Verteidiger nun noch drei weitere Spiele gesperrt.
  • vor 2 Tagen
  • Goalie Timo Herden verlässt die Saale Bulls Halle. Der 29-Jährige kam beim Nord-Oberligisten in den vergangenen beiden Spielzeiten auf insgesamt 89 Einsätze.
  • vor 2 Tagen
  • Sascha Paul wird der neue Nachwuchs-Sportchef und Headcoach für den gesamten Nachwuchs von der U7 bis zur U20 bei den Lindau Islanders (OL Süd). Er war von 2018 bis 2022 bereits Sportlicher Leiter beim EVL und folgt auf Spencer Eckhardt, der als Jugendleiter zu einem höherklassigen Club wechselt.
  • vor 2 Tagen
  • Die NHL-Ergebnisse aus der Nacht zum Dienstag: St. Louis Blues – Vegas Golden Knights 1:2 n.V. (0:1, 0:0, 1:0, 0:1) und Vancouver Canucks – Los Angeles Kings 2:3 (1:1, 0:2, 1:0).
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