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Freitag, 16. Juli 2021

Der DEL2-Fanspieler des Jahres im Interview „In Kassel haben wir nie den Kopf in den Sand gesteckt“ – Derek Dinger über die Karriere, neue Aufgaben und die aktuelle Situation

Derek Dinger in Kassel.
Foto: Diemann

Derek Dinger (34) wurde wenige Tage nach seinem offiziellen Karriereende zum Fanspieler des Jahres in der DEL2 gewählt. Im Interview blickt er auf 17 Jahre Profieishockey zurück – und voraus auf eine neue Aufgabe.

Herr Dinger, Glückwunsch zur Wahl zum Fanspieler des Jahres in der DEL2! Haben Sie die Vorauswahl und die Endabstimmung verfolgt?
Derek Dinger: „Ich habe das auf Instagram ein wenig mitverfolgt. Eine Freundin hat mir dann gesagt, dass ich in der Vorauswahl weitergekommen bin. Ich war dann gespannt, wann der Sieger rauskommt. Dass ich es dann geworden bin, habe ich dann am Samstag in der Eishalle sozusagen zwischen Tür und Angel erfahren.“

Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung von den Fans der 14 DEL2-Standorte?
Dinger: „Von den Fans ligaweit gewählt zu werden, ist schon eine coole Sache. Die Anerkennung der Fans zu spüren, das bedeutet mir sehr viel und das ist auch eine große Auszeichnung.“

Kürzlich wurde bekannt, dass Sie ihre aktive Karriere beenden – da stellt die Ehrung einen schönen Abschluss da…
Dinger: „Das ist eine echt runde Sache. So im Nachgang ausgezeichnet zu werden, freut mich. Wenn du die Schallmauer 30 durchbrichst, fängst du an, dir über die Zeit nach dem Eishockey Gedanken zu machen. Ich habe mich letztes Jahr dazu entschlossen, ein duales Studium anzufangen. Damals wollte ich aber auf jeden Fall auch noch einmal spielen. Nun, ein Jahr später, war es für mich keine Option, aus Kassel nochmal wegzugehen. Es gibt viele jüngere Spieler, die ihren Weg gehen wollen. Als dann das Angebot kam, weiter im Club tätig zu sein, habe ich mich für den Wechsel vom Eis ins Office entschieden.“

Blicken wir auf das vergangene Jahr mit den Huskies zurück. Sie waren das Topteam der DEL2 und über weite Strecken der Spielzeit eine Klasse für sich…
Dinger: „Schon 2019/20, als die Playoffs abgesagt wurden, waren wir auf einem guten Weg. Wir haben das dann ganz gut weitergeführt im Folgejahr. Der Zusammenhalt und das System, viele Sachen haben einfach gestimmt. Wir hatten eine sehr gute Tiefe im Kader, sodass wir Verletzungen verkraften können. Unsere U24-Spieler hatten bereits eine tolle Rolle im Team. Der gute Mix aus Jungen und Erfahrenen hat uns so gut gemacht.“

Auch in den Playoffs lief es eigentlich gut – bis zum bitteren Ende gegen Bietigheim. Konnten Sie die Finalserie schon verdauen und was fehlte zur Krönung einer starken Saison?
Dinger: „Wenn du mal im Finale stehst und es verlierst – tut das immer weh. Ein Finalsieg hätte die Sache natürlich echt rund gemacht für mich – statt so abzutreten. Aber wir sind nicht bei ‚Wünsch Dir was‘. Der Druck, der auf uns, aber auch auf anderen Teams lastete, war enorm. Gegen Bietigheim haben wir es nicht geschafft, die Serie zuzumachen. Auf einmal steht da ein 19-jähriger Torhüter hinten drin, den wir nicht überwinden konnten. Das ist dann auch Kopfsache und wir haben es vergeigt. Wir hatten die Spieler, wir hatten das Team – aber zum wichtigsten Zeitpunkt konnten wir Bietigheim nicht ausschalten. Sie haben ihre Chance ergriffen und uns das Ding vor der Nase weggenommen – Respekt.“

Wie fanden Sie Ihre letzte Saison?
Dinger: „Anfangs war ich teils auch auf der Tribüne, als die Jungs aus Köln da waren. Aber irgendwann hatten wir so wenige Verteidiger, dass wir über Spieltage mit nur drei, vier Abwehrspielern aufgelaufen sind. Da sind Troy Rutkowski und ich zusammengekommen – und wir haben uns von Anfang an blind verstanden. Der eine wusste, was der andere macht – und wir haben uns gegenseitig in Szene gesetzt und auch getroffen. Am Ende lag ich bei über +40 in der Plus-/Minus-Statistik und mein Abwehrpartner ist ‚Verteidiger des Jahres‘ geworden – das hat enorm viel Spaß gemacht. Der einzige Wermutstropfen war, dass keine Fans in der Halle waren. Das hätte die Saison nochmals cooler gemacht.“

Sie können in Ihrer Karriere auch auf knapp über 500 Einsätze in der DEL zurückblicken – welche Erinnerungen bleiben am Ende hängen?
Dinger: „Die Leute fragen immer nach deinen Erfolgen. Und klar, das erste DEL-Tor, die Meisterschaft mit Ingolstadt und das 500. Spiel – das sind alles Meilensteine. Wahrscheinlich war der Playoff-Run mit Ingolstadt die geilste Zeit. Aber für mich persönlich gibt es so viele tolle Momente, die gar keiner mitbekommen hat. Wenn dir zum Beispiel ein 500-facher NHL-Spieler, mit dem du als ganz junger Spieler in Berlin zusammenspielst, morgens einen Donut in der Kabine hinlegt…Das sind die Sachen, die in den Statistiken nicht auftauchen. In 17 Jahren waren da viele tolle Dinge dabei, von der European Trophy bis zum Abschiedsspiel von Sven Felski. Ich erinnere mich noch heute gerne an den Anruf des ‚Bürgermeisters’.“

Welche Spieler – neben Felski und Rutkowski – haben sich noch in Ihren Erinnerungen verewigt?
Dinger: „Da müsste ich jetzt pro Jahr durchgehen. Die goldene Generation in Berlin um Pederson, Walker, Felski, Ustorf - da gibt es schon viele Erinnerungen. Aber auch die Zeit an der Seite von Patrick Köppchen in Ingolstadt, der dann zum MVP der Playoffs wurde. Oder auch Timo Pielmeier, der als Rookie einen Shutout in Spiel 7 hingelegt hat. Da sind viele Freundschaften entstanden. Ivan Ciernik, der, als ich jung war, in Köln noch die ganze Liga zusammengeschossen hatte, spielte dann in Augsburg noch mit mir, genauso wie Aleksander Polaczek oder Thomas Holzmann und Trevor Parkes. Die Liste ist einfach sehr lang, es gibt so viele tolle Spieler und Charaktere. Ich hatte das Glück, mit ihnen Zeit zu verbringen und in einer Eishockeymannschaft Kind sein zu können – und dafür bezahlt zu werden.“

Sie haben nun bei den Huskies im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit eine neue Stelle angetreten. Wie würden Sie ihr Aufgabenfeld beschreiben und was sind Ihre Ziele bei dieser neuen Herausforderung?
Dinger: „In Kassel ist Einiges am Laufen, unter anderem mit den Umbaumaßnahmen im Stadion. Ich unterstütze unseren Medienbeauftragten Jason Schade, der hatte auch vieles am Tisch im letzten Jahr. Nun ergänzen wir uns ganz gut. Und dann will ich auch die Schnittstelle zu den Fans sein, damit die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit noch etwas besser wird. Das hat mich schon immer interessiert. Es ist einfach auch toll, dass wir mit Michael Christ und Manuel Klinge jetzt auch Kasseler Jungs im Verein haben, die das Team hinter dem Team bilden.“

Dass gleich drei Ex-Profis nun bei ihrem Heimatclub hinter den Kulissen helfen, sieht man nicht alle Tage…
Dinger: „Das ist absolut was Besonderes, das hast du nicht so häufig. Es war schon toll, dass so viele Kasseler Jungs in den letzten Jahren in der Profimannschaft vertreten waren. Dass wir auch nach dem Karriereende etwas für den Club tun, ist ein gutes Zeichen. Kassel hat eine lange Eishockeytradition und wir sind sehr verbunden mit der Stadt. Wir kennen uns untereinander – das ist eine gute Sache für alle.“

Wie sieht es in Kassel ohne das Aufstiegsrecht aus?
Dinger: „Ich hoffe, dass Kassel wie immer zusammensteht. Auch damals, beim Abstieg in die fünfte Liga. Da war am 1. Spieltag ausverkauftes Haus! Ich habe am gleichen Tag mit Düsseldorf in Wolfsburg gespielt – da waren 1.500 Menschen. Das war das Duell Zweiter gegen Dritter in Liga eins. Auch beim Verkauf der alten, ‚abgeranzten‘ Sitzschalen zuletzt: Der Andrang war unglaublich – da hatte man schon etwas Gänsehaut. Kassel ist eine absolute Eishockeystadt, uns kriegt man nicht so schnell klein. In den nächsten vier, fünf, zehn Jahren hoffe ich, dass wir uns oben wieder etablieren und uns dann mit Mannheim, München und so weiter messen können.“

Interview: Sebastian Groß


Kurznachrichtenticker

  • vor einer Stunde
  • Die Selber Wölfe (DEL2) sind von der Liga nach eigenen Angaben zum wiederholten Male mit einer Geldstrafe bedacht worden. Grund sie Becherwürfe im Heimspiel gegen die Dresdner Eislöwen vorigen Freitag. Die Wölfe sprechen von finanziellem Schaden und einem befleckten Image und suchen nach den Werfern
  • vor 2 Tagen
  • Das DEL-Schiedsgericht hat die Sperre von fünf Spielen inklusive einer Geldstrafe gegen Jakob Weber von den Eisbären Regensburg aufrechterhalten, nachdem Weber Berufung gegen das Urteil eingelegt hatte. Somit ist der Verteidiger nun noch drei weitere Spiele gesperrt.
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  • Goalie Timo Herden verlässt die Saale Bulls Halle. Der 29-Jährige kam beim Nord-Oberligisten in den vergangenen beiden Spielzeiten auf insgesamt 89 Einsätze.
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  • Sascha Paul wird der neue Nachwuchs-Sportchef und Headcoach für den gesamten Nachwuchs von der U7 bis zur U20 bei den Lindau Islanders (OL Süd). Er war von 2018 bis 2022 bereits Sportlicher Leiter beim EVL und folgt auf Spencer Eckhardt, der als Jugendleiter zu einem höherklassigen Club wechselt.
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  • Die NHL-Ergebnisse aus der Nacht zum Dienstag: St. Louis Blues – Vegas Golden Knights 1:2 n.V. (0:1, 0:0, 1:0, 0:1) und Vancouver Canucks – Los Angeles Kings 2:3 (1:1, 0:2, 1:0).
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