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Donnerstag, 9. April 2020

Die Titelstory der aktuellen Ausgabe: „Als der Alkohol mein Leben verdunkelt hat...“ – Robbie Czarnik über seine schwerste Zeit und den Weg zur Überwindung der Suchtkrankheit

Mathieu Pompei und Robbie Czarnik (rechts) stürmen künftig wieder für die Ravensburg Towerstars.
Foto: Enderle

Robbie Czarnik ist einer der besten und spektakulärsten Stürmer der letzten Jahre in der DEL2. Im Verlauf von drei Spielzeiten in Crimmitschau, Ravensburg und Landshut häufte er in 171 Partien stolze 186 Scorer-Punkte (92 Treffer, 94 Assists) an. Mit seiner unwiderstehlichen Kombination aus Tempo, Tordrang und Technik hat der 30-jährige Rechtsschütze aus Detroit einen Stammplatz im Scheinwerferlicht der Liga – künftig wieder im Trikot der Ravensburg Towerstars. Doch Robbie Czarnik ist nicht nur ein strahlender, von den Fans umjubelter DEL2-Star. Er ist auch ein Mann mit einer schwierigen Lebensgeschichte, er hat eine Phase enormer persönlicher Probleme hinter sich – die er jetzt, während der Corona-Pandemie, selbst öffentlich machte.

„Am 14. April 2018 begab ich mich auf eine Entziehungskur, um mir wegen meines Alkohol- und Substanzenmissbrauchs helfen zu lassen“ – mit diesem aufrüttelnden Satz leitete Czarnik einen Text ein, den er auf Facebook und Instagram postete. Der Beitrag entfaltete in den Sozialen Medien enorme Resonanz – woraufhin Eishockey NEWS bei Robbie Czarnik nachfragte, ob er seine Geschichte in den größeren Kontext eines erklärenden Interviews stellen möchte – er stimmte zu.

Herr Czarnik, das war ein außergewöhnlicher Schritt, den Sie unternommen haben. Können Sie die Reaktionen darauf beschreiben?
Robbie Czarnik: „Es gab viele positive Reaktionen auf meinen Post. Die meisten Leute zollen mir Respekt dafür, sie sagen: ‚Good job!‘ Und es haben einige Menschen gezielt Kontakt zu mir gesucht. Wer diese Krankheit hat, weiß ja, dass es Hilfe gibt – will sie aber nicht in Anspruch nehmen, bis er am totalen Tiefpunkt ist. Was ich an dieser Stelle sagen möchte: Wenn ihr jemanden seht, der gerade eine harte Zeit durchmacht, wenn euch da etwas auffällt, dann zeigt Interesse an diesen Leuten und fragt sie, wie es ihnen geht. Kleine Dinge können da schon helfen.“

Was genau hat Sie zu Ihrem Post animiert?
Czarnik: „Dass Leute mit dieser Krankheit erkennen, dass es anderen Menschen ähnlich geht und dass es okay ist, um Hilfe zu bitten. Meine Botschaft ist: Man wird euch verständnisvoll und mit Respekt begegnen. Und ich möchte auch anderen Spielern zeigen: Wenn du zugibst, dass du ein Problem hast und Hilfe brauchst, bedeutet das nicht das Ende deiner Karriere. In Wirklichkeit kann es dich in die Lage versetzen, eine längere Laufbahn zu haben als du es selbst für möglich gehalten hättest.“

Wie muss man sich eine Situation wie die Ihre konkret vorstellen?
Czarnik: „Ich kam an einen Punkt, wo Trinken alles war, an das ich dachte. Es entschied darüber, mit wem ich ausging und mit wem ich befreundet war. Und genau von jenen Leuten, denen ich hätte folgen und von denen ich hätte lernen sollen, hielt ich mich fern, weil ich wusste, dass sie mich für mein Verhalten zur Rede stellen würden.“

Wann kam der Tiefpunkt beziehungsweise das Signal zur Wende?
Czarnik: „In der Crimmitschauer Zeit habe ich meinen Tiefpunkt erreicht. Viele Male während der Saison wollte ich nur noch nach Hause, weil das Trinken die komplette Kontrolle über mein Leben übernommen hatte. Ich zählte die Tage bis zum Saisonende, um zurückkehren und eine Entziehungskur machen zu können. Und als dann ein Artikel erschien über meinen Lebenswandel, musste ich mich wirklich dazu entschließen, die Kontrolle über mein Leben zurückzugewinnen. Ich unterschrieb in Ravensburg und bin dankbar, dass die Towerstars zu mir gestanden sind, meine Entscheidung unterstützt haben, eine Entziehungskur zu machen, und mir eine Chance gegeben haben, wenn ich sauber bleiben würde.“

Wie lange hat der Entzug gedauert, wann hatten Sie das stabile Gefühl, es geschafft zu haben?
Czarnik: „Bevor ich mich entschloss, eine Entziehungskur zu machen, bin ich ein paar mal zu verschiedenen Treffen der Anonymen Alkoholiker gegangen, aber das hat nicht gereicht, um mich nüchtern zu halten. Der Entzug hat drei Monate gedauert – aber es zu schaffen, das war eine tagtägliche Angelegenheit.“

Können Sie das Leben heute unbeschwert genießen?
Czarnik: „Sogar nachdem ich clean war, hat es noch ein Jahr gedauert, bis ich all die Veränderungen zum Guten in meinem Leben wahrnehmen konnte. Heute kann ich sagen, dass es keinen Teil von mir gibt, der das alte Leben zurückhaben will. Ich bin glücklich und genieße jeden Tag. Ich kann jetzt nachhaltige Beziehungen pflegen. Ich habe das Vertrauen meiner Familie zurückgewonnen – man kann sich ja gar nicht vorstellen, welche Schmerzen man geliebten Menschen mit seiner Sucht bereitet. Ich kann nun die guten Tage und die schlechten Tage genießen – denn egal wie schlecht meine Tage heute sein mögen, man kann sie nicht vergleichen mit jenen, als der Alkohol mein Leben verdunkelt hat.“

Interview: Michael Stolzenberg

Das komplette Interview in aller Ausführlichkeit finden Sie als Titelstory über drei Seiten in der aktuellen Print-Ausgabe der Eishockey NEWS, die Sie hier bestellen können!


Kurznachrichtenticker

  • gestern
  • Die Dresdner Eislöwen (DEL2) und TecArt Black Dragons Erfurt (OL Nord) werden künftig nicht mehr kooperieren. Die Vereinbarung zwischen beiden Clubs wird nicht verlängert, da Dresden wegen der angestrebten Verkleinerung des Kaders nicht mehr zwingend einen Partner benötigt.
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  • Die Schwenninger Wild Wings (PENNY DEL), der EHC Freiburg (DEL2) und die Stuttgart Rebels (OL Süd) werden künftig zusammenarbeiten. Das gaben die Clubs am Freitag bekannt. Schwenningen und Freiburg waren schon zuletzt Kooperationspartner.
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  • Die U18-Nationalmannschaft bleibt bei der WM Division I, Gruppe A, im dänischen Frederikshavn auch im vierten von fünf WM-Spielen ungeschlagen. Das Team von André Rankel gewann gegen die Mannschaft aus Japan mit 6:2. Die deutsche U18 hat den Aufstieg am Samstag gegen Dänemark in eigener Hand.
  • vor 2 Tagen
  • Drittes Spiel, dritter Sieg: Die deutsche U18-Auswahl hat bei der WM im dänischen Frederikshavn mit 2:1 nach Verlängerung gegen die bis dato ungeschlagene Ukraine gewonnen und damit Platz eins in der Tabelle übernommen. Siegtorschütze war Lenny Boos, das erste DEB-Tor erzielte Elias Pul.
  • vor 3 Tagen
  • Frank Fischöder wird neuer Sportlicher Leiter der Iserlohn Young Roosters. Der ehemalige DEL-Trainer war in dieser Saison Coach von Oberliga-Club Leipzig. Der 52-Jährige tritt den neu geschaffenen Posten im Iserlohner Nachwuchs am 1. Mai an.
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