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Mittwoch, 18. November 2020

Lockdown light trifft Amateure und Nachwuchs hart Kampf um den Lieblingssport: Innovatives Konzept des ERSC Ottobrunn und Sorgen der Verantwortlichen im Amateursport

Foto: Rada

Dass dem Eisstadion in Ottobrunn ein Dach fehlt, habe schon oftmals für Frust gesorgt, sagt Michael Guggenhuber. „Jetzt aber ist es gerade ein Vorteil.“ Ein Vorteil für einen Sport, der im Amateur- und Nachwuchsbereich (außer in Leistungsklassen) heftig vom zunächst bis Ende November geltenden Lockdown betroffen ist, wie die Reaktionen aus ganz Deutschland auf diesen beiden Seiten beweisen.

Guggenhuber ist 2. Vorsitzender des rund 600 Mitglieder starken ERSC Ottobrunn (davon 350 im Eishockey und davon 270 Nachwuchsspieler, in vielen Altersklassen zwei Mannschaften) südöstlich von München. Erst am 20. Oktober hatte der Verein erstmals Eis. Das wollte man aber nicht kampflos wieder verlassen. Der Verein startete eine Aktion. „Bitte nehmt uns wahr, Sport im Freien ist gesund und wichtig“, stand auf Transparenten der Mitglieder zu lesen. „Wir haben auch eine Task Force gebildet und das Hygienekonzept Individualsport erarbeitet“, sagt Guggenhuber. Eishockey ist so auch unter den aktuellen Regelungen möglich.

Und das sieht so aus: Die Eisfläche wird in fünf Teilflächen unterteilt. Tore wurden fest verankert, dazwischen wurde Netze gespannt – durchqueren und Kontakt sind ausgeschlossen. Maximal zwei Spieler dürfen auf jeder Teilfläche trainieren. Immer wieder stand Guggenhuber mit dem bayerischen Gesundheitsministerium und dem zuständigen Landratsamt in Verbindung. „Zunächst war die Unterteilung nicht ausreichend, dann haben wir uns die Netze wie am Tennisplatz überlegt und schließlich garantieren die Linien der Bullykreise mindestens 1,50 Meter Abstand zur Nebenfläche.“ Die Erlaubnis für dieses Konzept sei letztlich unabhängig vom Dach erteilt worden. Denn seit Freitag vergangener Woche herrschen in Bayern besonders strenge Bedingungen. Die Staatsregierung untersagte jeglichen Sport in geschlossenen Hallen.

Reaktionen aus dem Amateursport (10 Einträge)

 

Was Guggenhuber wichtig ist: „Es geht nicht darum, eine Revolution zu veranstalten. Wir wissen, dass die aktuellen Maßnahmen zur Viruseindämmung absolut notwendig sind. Aber man kann Sport treiben und jeden Sport kann man individuell coachen. Das machen wir.“ Dass die Vorgaben funktionieren, sieht er im täglichen Training. „Alle sind froh, dass sie überhaupt aufs Eis können.“ Es gibt spezielle Gruppentreffpunkte für die Akteure vor der Fläche. „Die Kids stellen sich dort wie Zinnsoldaten auf, gehen auf die Fläche und sofort danach gehen sie wieder nach Hause.“ Der Innenbereich des Stadions ist geschlossen, Zuschauer sind nicht erlaubt, die Maske darf nur im ca. 180 Quadratmeter großen Teilbereich während des Trainings abgenommen werden. „Das ist ein enormer Aufwand“, sagt Guggenhuber. „Aber die Kinder und Erwachsenen verstehen, dass es notwendig ist.“

DEB-Präsident Franz Reindl sei von der Idee begeistert gewesen. Der DEB verbreitete das Konzept umgehend an seine Clubs, die nun mit ihren zuständigen Behörden sprechen können – sofern ihre Halle noch geöffnet ist. In Bayern haben allerdings alle Clubs mit überdachten Hallen aktuell gar keine Chance.

Doch Bedenken hatte man auch. Was würde passieren, wenn man das Konzept öffentlich bekannt macht? „Wir hatten scho Angst, dass die Genehmigung dann wieder weg ist“, sagt Guggenhuber. Schon mit der ersten Aktion erlangte man eine große Reichweite, in der vergangenen Woche berichteten dann unter anderem mit dem Süddeutschen Zeitung und dem Münchner Merkur große Zeitungen über den ERSC Ottobrunn. „Die meisten Reaktionen waren positiv, manche haben aber auch gesagt: Das geht nicht!“ Doch Guggenberger wiederholt sich: „Man kann etwas auch regelkonform umsetzen.“ Netter Nebeneffekt: Der „kleine ERSC Ottobrunn“ hat sich über  die Gemeindegrenzen hinaus einen Namen gemacht.

Das Konzept des ERSC Ottobrunn (6 Einträge)

 

„Unsere Trainingsinhalte sind unter diesen Bedingungen nicht immer nur auf Leistung ausgelegt“, sagt Guggenhuber. „Es ist einfach wichtig für Kinder sich zu betätigen.“ Aus eigener Erfahrung weiß er, wie schlimm es ist, wenn Kinder „einfach nichts machen dürfen“. Mit Sorge blickt er auf die aktuellen Corona-Zahlen und auch ins nahe Österreich, wo nun weitgehende Ausgangsbeschränkungen herrschen. „Sollte auch bei uns ein oder zwei Monate doch alles geschlossen werden, ist es eben so. Dann hoffen wir dass wir die Gemeinde überzeugen können, das Eis nicht abzutauen. Es war stark, dass sie bisher gewartet haben.“ Nicht nur den Rückhalt der Gemeinde spürt er, auch den im Verein: „Wir haben einen seh guten Zusammenhalt, auch über die Sparten hinweg.“

Dieses Modell des ERSC Ottobrunn könne nun jederzeit wieder aus der Schublade geholt werden. „Wir haben extrem strikte Regeln und Hygieneschutzkonzepte. Trotz der Infektionszahlen bin ich der Überzeugung, dass es in einem Sportverein sehr gut umsetzbar ist. Die Disziplin funktioniert astrein.“ Und das Wichtigste seien ohnehin die Reaktionen seiner Mitglieder. „Man merkt, wie glücklich alle waren.“

Michael Bauer


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Notizen

  • gestern
  • Christopher Fiori übernimmt mit Jahresbeginn 2026 das Amt des hauptamtlichen Geschäftsführers des EC Bad Nauheim. Das teilte der DEL2-Club am Donnerstagabend mit.
  • gestern
  • Nord-Oberligist KSW IceFighters Leipzig hat Michal Hlozek als neuen Assistant Coach verpflichtet. Der 42-jährige Deutsch-Tscheche wechselt von der Nordic Hockey Academy in Ferlach nach Sachsen.
  • vor 2 Tagen
  • Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bestreitet im Rahmen der unmittelbaren Vorbereitung auf die Olympischen Spiele ein Länderspiel gegen Japan. Die beiden Nationen treffen am Freitag, den 30. Januar 2026, um 19:30 Uhr in Peiting aufeinander.
  • vor 2 Tagen
  • Der EHC Red Bull München (PENNY DEL) muss abermals auf Stürmer Tobias Rieder verzichten. Der Nationalspieler fällt aufgrund einer Unterkörperverletzung mindestens vier Wochen aus.
  • vor 2 Tagen
  • In einem Nachholspiel der Oberliga Süd verbuchten die Höchstadt Alligators einen klaren 7:3-Heimerfolg über die EHF Passau Black Hawks. Die Mittelfranken haben damit das Tabellenende verlassen, Passau bleibt Achter. Tyler Gron (fünf Punkte) und Samuel Eriksson (vier) waren die Top-Scorer des Abends.
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