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Mittwoch, 23. Mai 2018

Dennis Seidenberg im Interview: „Mein Lebensmittelpunkt ist noch in Nordamerika. Was passiert, wenn es dort nicht klappt, das werden wir sehen“

DEB-Kapitän Dennis Seidenberg.
Foto: City-Press

Dennis Seidenberg (36) blickt auf eine schwierige WM zurück. Der NHL-Haudegen führte eine junge, neu zusammengestellte DEB-Auswahl in Dänemark als Kapitän auf das Eis. Im Interview spricht er über die Gründe für das Verpassen des Viertelfinales, seinen Bruder Yannic und seine Zukunft.

Herr Seidenberg, wie schwer oder einfach war es für diese neu zusammengestellte Mannschaft, in den wenigen WM-Tagen zusammenzufinden?

Dennis Seidenberg: "Wenn eine Mannschaft neu zusammenkommt, dann muss man sich einfach an das Spielsystem halten, das Marco Sturm vorgibt. Größtenteils haben wir das gemacht. Aber in den ersten beiden Spielen und auch im dritten hatten wir Probleme, konstantes Eishockey zu spielen. Ab und zu hat man schon gesehen, dass wir mithalten können. Es waren gute Sachen dabei, aber man hat auch gesehen, dass wir noch nicht so als Team aufgelaufen sind, wie wir das könnten. Das sind alles mentale Dinge, die auch mit der Vorbereitung auf die Spiele zu tun haben."

Sie haben das Spielsystem angesprochen - was ist darunter zu verstehen?

Seidenberg: "Wenn wir geradliniges, einfaches Eishockey spielen - dann sind wir am besten. Wenn wir uns nicht zu viel vornehmen."

Wie viel hat es ausgemacht, dass die Spieler der DEL-Finalisten nach der langen Serie um die Meisterschaft erst kurz vor WM-Start zum Team stoßen konnten?

Seidenberg: "Die Spieler, die erst später zum Team gestoßen ist, waren welche, die schon lange dabei waren - mit Ausnahme von Jonas Müller. Das war eher weniger ein Grund für den mäßigen Start."

Wie haben Sie ihre Rolle als Kapitän ausgefüllt? Waren bei dieser jungen Mannschaft auch mal kritische Töne angebracht?

Seidenberg: "Ich bin eher einer von denen, der nicht so gern vor der Mannschaft redet. Ich führe mehr als Beispiel auf dem Eis mit meiner Arbeitseinstellung. Deshalb hat sich meine Rolle durch das C auf der Brust eher weniger verändert. Aber es ist eine Ehre, als Kapitän für die Nationalmannschaft auflaufen zu dürfen. Das macht richtig Spaß."

Was können junge Spieler aus so einem Turnier mitnehmen? Lernt man aus den Niederlagen vielleicht sogar noch mehr als aus Erfolgen?

Seidenberg: "Auf jeden Fall. Als junger Spieler will man oft zu viel. Aber je einfacher man spielt, desto besser ist man. Das ist die Formel, die immer zum Erfolg führt."

Ihr Bruder Yannic wurde letzte Saison zum besten DEL-Verteidiger gewählt. Auch, wenn Sie aufgrund der Entfernung nicht regelmäßig im Austausch standen: Er meinte, Sie haben ihm mal gesagt, dass er noch immer zu weit von seinen Gegenspielern entfernt sei...

Seidenberg: "Das muss ich etwas erläutern. Was ich damit meinte, ist die Lücke zwischen Verteidiger und angreifendem Spieler. Wenn man die verringert, macht das das Leben für die Angreifer schwerer. Bei Olympia, als ich ihm zugesehen habe, habe ich ihm dann gesagt, dass er doch ein wenig näher hätte dran sein können das ein oder andere Mal. Aber sonst macht er das echt sehr, sehr gut und ich bin stolz auf ihn, dass er dieses Jahr so einen Erfolg gehabt hat."

Setzt er Ihren Tipp denn schon um?

Seidenberg: "Ich denke schon, dass er darüber nachdenkt. Auch wenn er sich sicher wieder aufregt, wenn ich ihm das sage - so, wie er halt ist. Er versucht es, aber es ist nicht so eine leichte Sache: Man muss den Angriff lesen können. Ich denke schon, dass er im Hinterkopf so ein wenig meine Stimme hört."

Hat Sie Yannics Umschulung überrascht?

Seidenberg: "Auf jeden Fall. Das macht ja nicht jeder alle Tage. Es hat mich sehr überrascht, wie er das gemacht hat und wie viele Punkte er dieses Jahr gemacht hat. Das ist sehr bemerkenswert."

Wie kann es sein, dass er als Verteidiger mehr Punkte als als Stürmer macht?

Seidenberg: "Speziell das System im München liegt ihm sehr. Er ist oft vorne mit dabei und schaltet sich sehr gut ein. Das hat ihm auf jeden Fall geholfen. Und das zeigt er jetzt auch bei der WM mit seiner offensiven Ausbeute. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen."

War es zur Debatte gestanden, dass Sie und ihr Bruder hier bei der WM ein Verteidiger-Duo bilden?

Seidenberg: "Das müssen wir Marco Sturm fragen. Wir sind nicht hingegangen und haben gesagt, dass wir zusammenspielen wollen. Vielleicht ist es besser so getrennt, damit wir uns nicht in die Haare bekommen." (lacht)

Wie sehen ihre Zukunftspläne aus?

Seidenberg: "Ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht, wie es in den nächsten paar Jahren aussieht. Auch für nächstes Jahr weiß ich noch nicht, ob ich drüben oder in Deutschland spiele. Oder ob ich überhaupt noch spiele - das steht alles noch in den Sternen. Ich werde sehen, was meine Optionen sind."

Das heißt, auch ein Karriereende wäre möglich?

Seidenberg: "Ich würde gerne spielen. Aber wenn die Optionen derartig sind, dass sie für mich keinen Sinn mehr machen, dann kann es das auch gewesen sein. Wobei ich zum Spielen neige."

Wie zuversichtlich sind Sie, dass es mit der NHL noch für ein Jahr klappt?

Seidenberg (lacht): "Ich weiß nur, dass ich noch spielen kann. Alles andere liegt nicht in meinen Händen."

Bei den Islanders hatten Sie in dieser Saison nicht die erhofften Einsatzzeiten, dort wurde der Fokus verstärkt auf die jungen Defensivtalente in der Mannschaft gelegt. Wie schwierig war es, dann zur WM in bester Verfassung zu kommen? Bei wie viel Prozent sehen Sie sich?

Seidenberg: "Körperlich bin ich sehr gesund, das ist natürlich immer schön. Aber ich persönlich merke natürlich, dass ich nicht so drin bin wie letztes Jahr, als ich zuvor 72 Spiele gespielt hatte."

Der EHC Red Bull München war schon als ein möglicher neuer Club für Sie im Gespräch: Wäre der Dreifach-Meister die einzige Option für Sie in der DEL?

Seidenberg: "München ist eben sehr naheliegend, weil Yannic dort spielt. Aber es gab noch überhaupt keine Gespräche. Mein Lebensmittelpunkt ist noch in Nordamerika. Und was passiert, wenn es dort nicht mit einem weiteren Jahr klappt, das werden wir sehen."

Nach ihrer Karriere: Wollen Sie dann in Amerika bleiben oder wäre eine Rückkehr nach Deutschland möglich?

Seidenberg: "Mein Mittelpunkt ist in den USA, meine Frau ist von dort und mir gefällt es dort sehr gut. Auch wenn ich jedes Mal, wenn ich für eine gewisse Zeit in Deutschland bin, es schon wieder vermisse. Mit Besuchen in Deutschland wird es aber dann sicher öfter klappen, wenn ich mal nicht mehr Eishockey spiele."

Interview: Sebastian Groß

Weitere Teile des Interviews finden Sie auch in der aktuellen Print-Ausgabe!


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