Deutschlands Goalie Tobias Ancicka und seine Vorderleute bereiteten Nicholas Robertson und den klar favorisierten US-Amerikanern einen unangenehmen Freitagabend.
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Die Überraschung war lange greifbar: Über 40 Minuten überzeugte die deutsche U20-Nationalmannschaft am Freitagabend in ihrer Auftaktpartie bei der A-Weltmeisterschaft in Tschechien gegen die USA mit einem furchtlosen Auftritt und einer spielerisch starken Leistung und ging sogar gleich zweimal in Führung. Erst im letzten Drittel schraubte der klar favorisierte US-Nachwuchs das Resultat noch auf einen standesgemäßen 6:3 (2:1, 2:2, 2:0)-Erfolg. Aus deutscher Perspektive stimmt die Darbietung der Auswahl von Trainer Tobias Abstreiter indes nichtsdestotrotz hoffnungsvoll für den weiteren Turnierverlauf.
Die deutsche Mannschaft erwischte in Ostrava einen Traumstart in ihre erste WM-Partie und ging bereits nach zweieinhalb Minuten nach einer sehenswerten Powerplay-Kombination durch John-Jason Peterka, der von Tim Stützle am zweiten Pfosten erspäht wurde und aus spitzem Winkel vollstreckte, überraschend mit 1:0 in Führung. Und auch als die US-Amerikaner keine fünf Minuten später durch einen für DEB-Goalie Tobias Ancicka nur schwer zu sehenden Handgelenkschuss von Defender Jordan Harris zum Ausgleich kamen, ließ sich das deutsche Team nicht beeindrucken und zeigte weiterhin ein bärenstarkes Auftaktdrittel. So verteidigte der Aufsteiger einerseits in seiner eigenen Zone geschickt den Slot und ließ nahezu keine hochkarätigen US-Gelegenheiten zu, spielte gleichzeitig aber auch selbst mutig nach vorne und demonstrierte immer wieder seine technischen Qualitäten sowie seine Geschwindigkeit in der Offensive. Das Resultat waren gute Chancen zum zweiten DEB-Treffer durch Dominik Bokk bei einem Drei-gegen-eins-Konter (12.) und Dennis Lobachs Direktabnahme aus dem Slot (18.), doch stattdessen erzielte Zac Jones 83 Sekunden vor dem Ende des ersten Abschnitts nach einer Rückhandablage von Trevor Zegras die schmeichelhafte 2:1-Pausenführung für die USA.
Auch diese konnte das deutsche Team indes nicht beirren. Die DEB-Auswahl knüpfte mit einem rotzfrechen Auftritt nahtlos an ihr starkes erstes Drittel an, deckte immer wieder die US-amerikanischen Lücken und Unkonzentrierheiten im Defensivverhalten auf – und belohnte sich für ihre spielerisch mehr als überzeugende Leistung nun auch mit weiteren Toren: Zunächst war es erneut Peterka in Überzahl, der den Puck nach einem Schuss neben das US-Gehäuse von Kapitän Moritz Seider zum 2:2 über die Linie stocherte (23.), ehe Bokk sechs Minuten später nach einer glänzenden Vorarbeit von Justin Schütz einen Konter zum 3:2 für Deutschland vollendete. Und unverdient war die knappe Führung des Außenseiters zu diesem Zeitpunkt keinesfalls.
In der Schlussphase des zweiten Drittels kam der deutschen Mannschaft die Spritzigkeit, welche das Abstreiter-Team bis dahin ausgezeichnet hatte, allerdings etwas abhanden, und einen US-Amerikaner bekam die deutsche Defensive einfach nicht in den Griff: Trevor Zegras, der aus dem ansonsten in den ersten 40 Minuten erstaunlich einfallslosen US-Angriff herausragte und bereits die ersten beiden Treffer des Favoriten vorbereitet hatte, legte erst Shane Pinto das 3:3 (35.) und anderthalb Minuten vor der zweiten Pausensirene auch Curtis Hall das 4:3 für den Vorjahresfinalisten, bei dem Ancicka am kurzen Pfosten keine ganz glückliche Figur machte, auf.
Und mit diesen beiden Toren im Rücken wurden die US-Amerikaner ihrer Favoritenrolle nach langem Anlauf doch noch gerecht. Das Team von Head Coach Scott Sandelin kontrollierte das Geschehen im Schlussdrittel, gestattete der deutschen Mannschaft, die in den ersten beiden Abschnitten enorm viel in die Begegnung investiert hatte, nun kaum noch zwingende Offensivszenen und schraubte das Resultat durch einen Powerplay-Abstauber von Bobby Brink (48.) sowie eine Einzelaktion von Oliver Wahlstrom, der von links vor das deutsche Gehäuse zog und Ancicka auswackelte (51.), noch auf 6:3. Angesichts der überzeugenden Leistung der ersten 40 Minuten darf die DEB-Auswahl vor der wichtigen Partie gegen Gastgeber Tschechien am Samstagnachmittag (15 Uhr; live bei MagentaSport) – das deutsche Tor wird dann Aufstiegsgoalie Hendrik Hane hüten – jedoch durchaus auf einen Sieg und damit auf eine realistische Chance auf das Vermeiden der Abstiegsrelegation hoffen.
Stefan Wasmer