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Montag, 28. September 2020

TSN-Dokumentation über Medikamente in der NHL Korbinian Holzer über Schmerzmittelgebrauch von Ex-Kollege Kesler: „Da hat sicher nicht nur Ibuprofen gereicht“

Korbinian Holzer in einem seiner letzten Einsätze für die Anaheim Ducks im Februar 2020, danach wurde er zu den Nashville Predators getradet.

Foto: imago images/Larry McDougal

In der vergangenen Woche sprachen drei ehemalige NHL-Spieler, Ryan Kesler, Kyle Quincey und Zenon Konopka in einer Dokumentation des TV-Senders TSN über den exzessiven Gebrauch von Schmerzmitteln und deren Folge. Ryan Kesler beispielsweise, litt jahrelang an Kolitis, einer Krankheit, die Entzündungen und Geschwüre im Verdauungstrakt hervorruft. Marco Sturm sagt, Kesler habe teilweise nicht mehr richtig laufen können. Sowohl er als auch Korbinian Holzer haben mit ihm in einer Mannschaft gespielt.

Herr Holzer, wie denken Sie über die Aussagen von Ryan Kesler und Co in der Doku von TSN? Kesler war ja lange Ihr Teamkollege?
Korbinian Holzer: „Ich weiß wie es Ryan Kesler ging. Er hat jetzt ein neues Hüftgelenk erhalten und hatte den ganzen Tag Schmerzen. Ich weiß noch, dass sein Aufwärmprogramm am Ende seiner Karriere immer länger war als das der ganzen Mannschaft. Er hat viel mit den Physiotherapeuten gearbeitet, damit er überhaupt aufs Eis gehen konnte.“

Er spricht sehr offen über harte Schmerzmittel.
Holzer: „Ich weiß nicht, was genau er alles genommen hat. Ich weiß aber, dass sein Ziel 1.000 Hauptrundenspiele waren. Das hat er geschafft, dann noch ein Spiel gespielt und dann wurde er auch rausgenommen. Es war am Schluss immer ein Kampf bei ihm. Dann hat er auch selbst eingesehen, dass es keinen Sinn mehr macht, so einen Aufwand nur für ein paar Minuten auf dem Eis zu betreiben. Wenn ich da so zurückdenke, hat gegen die Schmerzen sicher nicht nur Ibuprofen gereicht.“

Er hat von Toradol gesprochen, ein Mittel, das sehr wirksam ist, aber eigentlich nur über einen kurzen Zeitraum eingenommen werden soll.
Holzer: „Das Mittel kenne ich selbst nicht.“

Denken Sie, dass das Thema Schmerzmittel ein großes Problem ist?
Holzer: „Ich glaube, früher war es schlimmer. Es gibt heute Dinge, die man als Spieler heute gar nicht mehr bekommt. Früher war das beinahe wie in einem Candy Store. Man hat alles frei nehmen können. Jetzt muss man sich bereits erklären, wenn man einen längeren Zeitraum über Ibuprofen nimmt. Das hat auch viel mit den Vorfällen der Vergangenheit zu tun, als die Fälle von Depressionen bekannt wurde oder sich Spieler sogar umgebracht haben. Da ist man jetzt viel sensibler.“

Sie haben selbst jüngst im Interview mit Dump & Chase darüber gesprochen, wie schmerzhaft Schüsse blocken sei. Was tun sie gegen den Schmerz?
Holzer: „So lange man im Schlittschuh ist, tut der Fuß nicht so weh. Das kommt erst, wenn man den Schuh auszieht. Ich habe viel mit Eis und Kompression gearbeitet. Die schmerzhafte Stelle hat schon oft pulsiert. Schlimm wird es erst, wenn man am nächsten Tag wieder den Schlittschuh anziehen muss, wobei das auch mit einem gebrochenen Zeh geht. Da reicht dann aber auch Ibuprofen gegen die Schmerzen.“

Sind die Mittel ein Thema unter den Spielern?
Holzer: „Ich glaube, jeder geht sehr individuell damit um, es kommt auf die Schmerztoleranz an. In der Mannschaft wird aber nicht darauf geachtet, ob jemand zum Physiotherapeuten geht und nach Schmerzmitteln fragt.“

Manchmal fragen sich Fans, warum ein Spieler von einer auf die andere Saison punktemäßig abbaut. Können das die Folgen von schweren Verletzungen sein?
Holzer: „Es gibt viele Faktoren, aber das kann einer davon sein. Manche Spiele schleppen sich mit Verletzungen durch die kompletten Playoffs. Wenn man bis Juni spielt, hat man kaum Zeit zu regenerieren. Da soll man ja eigentlich schon wieder Sommertraining machen. Dann hat man es schwer, zum Start der neuen Saison wieder bei 100 Prozent zu sein. Während der Saison kann man Dinge, die man vorher versäumt hat, nur ganz schwer nachholen.“

Was passiert dann, wenn jetzt die NHL ihre 82 Spiele über einen komprimierten Zeitraum spielen lassen will. Vier Spiele pro Woche scheinen vorprogrammiert. Aber wohl nicht in einer Blase...
Holzer: „Genau, in eine Bubble funktioniert es ja hervorragend. Man muss nicht reisen, hat keinen Wechsel der Zeitzonen und so weiter. Genau diese Reiserei machen es ja so anstrengend. Da hat man kaum Zeit zu regenerieren, schläft weniger oder kommt nachts spät heim und muss am nächsten Tag wieder ins Training. In Anaheim kam das oft vor, dass wir vier Spiele in einer Woche hatten. Käme das nun häufiger vor, oder wären es sogar fünf Spiele in einer Woche, würde sich das verletzungstechnisch sicher bemerkbar machen. Schauen sie auf den Fußball und Bayern München. Da lag zwischen dem Champions-League-Finale und der neuen Saison nur ganz wenig Zeit. Die Belastung ist hoch. Zwar haben sie einen tiefen Kader, aber sie werden die Auswirkungen sicher spüren. Beim Eishockey wird das noch einmal spezieller, da sind die Spiele noch intensiver. Aber wie heißt es so schön: The show must go on.“

Womit wir wieder beim Thema wären. Zenon Konopka sagte in der Dokumentation, wenn man nicht spiele könne, verliert man die NHL und somit quasi sein Leben.
Holzer: „Ja, der Leistungsdruck ist definitiv da. Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen. Am 31. Dezember habe ich gegen Las Vegas ein Tor geschossen und ziemlich gut gespielt. Ich habe mich während des Spiels verletzt, konnte zwar noch weitermachen aber am nächsten Tag nicht auftreten. Da wurde ich rausgenommen und durfte auch nicht weiter zum nächsten Spiel nach Arizona fliegen. Da war für mich schon Druck da: Ich musste zeigen, dass ich bald wieder fit bin, auch wenn ich vielleicht erst wieder bei 80 oder 90 Prozent war. Ich bin aber nicht wieder sofort ins Team gekommen (nächster Einsatz erst am 9. Januar gegen Dallas, Anm. d. Aut.). Wenn du also nur der Rollenspieler im Team bist, ist es viel schwieriger zu sagen, dass man heute nicht spielen kann. Man sagt fast immer, dass man fit ist. Denn man weiß, dass man ansonsten erst einmal raus ist.“

Interview: Michael Bauer


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