Marco Sturm was bisher Trainer der Ontario Reign in der AHL und wechselt nun auf den Cheftrainerposten bei den Boston Bruins.
Foto: Ontario Reign
Marco Sturm wird neuer Cheftrainer der Boston Bruins und damit Nachfolger von Interimstrainer Joe Sacco. „Ein Traum wird wahr“, sagte der 46-Jährige in einer ersten Reaktion gegenüber Eishockey NEWS. „Ich bin stolz und super happy, dass es geklappt hat.“ Sturm kehrt nun dorthin zurück, wo er einst als Spieler zwischen 2005 und 2010 auf dem Eis stand. Er wird einen mehrjährigen Vertrag bei den Bruins erhalten.
Die endgültige Entscheidung fiel am Mittwochnachmittag als Sturm noch einmal nach Boston geflogen war, um sich mit Verantwortlichen des Clubs zu treffen – namentlich Eigner Charlie Jacobs und Präsident Cam Neely. Schon wenige Tage nach dem Erstrundenaus der Los Angeles Kings gegen die Edmonton Oilers hatten die Bruins den Club aus Kalifornien um Erlaubnis gefragt, mit Sturm sprechen zu dürfen. Mehrere Vorstellungsgespräche hatte er – wie auch andere Kandidaten – seither absolviert. Anfang der Woche war der Kreis auf zwei Personen eingeengt worden.
Der ehemalige Bundestrainer trainierte in den vergangenen drei Jahren die Ontario Reign, das Farmteam der Kings in der American Hockey League (AHL). Zuvor war er vier Spielzeiten lang Assistenztrainer bei den Kings. Er ist nicht nur der der erste deutsche Cheftrainer in der NHL, sondern erst der dritte Europäer, der hauptverantwortlich hinter einer NHL-Bande steht. „Ich bin total stolz, dass ich das als Deutscher und Europäer geschafft habe.“
2000/01 coachte der Finne Alpo Suhonen die Chicago Blackhawks, wurde aber Mitte der Saison schon wieder entlassen. Das gleiche Schicksal ereilte in derselben Saison Ivan Hlinka in Pittsburgh. Der Schwede Anders Sörensen war in der vergangenen Saison Interimstrainer in Chicago, nun ist er wieder als Assistent dort tätig. Der ehemalige deutsche Nationalspieler Ralph Krueger war 2012/13 Chef in Edmonton und 2019 bis März 2021 in Buffalo. Der Sohn deutscher Eltern wurde in Winnipeg geboren, hat mittlerweile den Schweizer Pass.
Sturms Name war im sich nach der Hauptrunde schnell drehenden Trainerkarussell – zeitweise waren acht Clubs auf Trainersuche – in den vergangenen Wochen öfter aufgetaucht. In Vancouver (dort entschied man sich für Adam Foote) war er in der engeren Auswahl. Bereits im vergangenen Jahr war er nahe dran, die San Jose Sharks zu übernehmen, wo er ebenfalls lange Jahre selbst spielte. Die Sharks entschieden sich dann aber in der finalen Auswahlrunde gegen Sturm und für Ryan Warsofsky, der nun mit den USA Weltmeister wurde. „Ich weiß, was ich kann, dass ich ein guter Trainer bin und ich bin auch zuversichtlich, dass ich irgendwann den richtigen Verein finde“, hatte Sturm damals gegenüber Eishockey NEWS gesagt.
Sturm wurde 2005 von den San Jose Sharks, die ihn 1996 in der ersten Runde an Position 21 gedraftet hatten, zu den Boston Bruins getradet. Damals war er Teil des großen Deals, der Joe Thornton nach San Jose brachte. Er spielte in Boston bis 2010 (erzielte unter anderem im Freiluftspiel 2010 im Fenway Park das Overtime-Siegtor gegen Philadelphia), ging dann weiter nach Los Angeles, Washington, Vancouver und zuletzt Florida, bevor er seine Spielerkarriere 2013 in der DEL bei den Kölner Haien beendete.
Sturm wechselte kurz vor dem Deutschland Cup 2018 zurück nach Nordamerika und übernahm den Posten des Assistenztrainers der Los Angeles Kings. Diese hatten am 4. November 2018 John Stevens gefeuert und ihn durch Willie Desjardins ersetzt. Nach einem Jahr übernahm dort Todd McLellan („Todd war derjenige, von dem ich am meisten gelernt habe.“), unter ihm blieb er bis Ende der Saison 2022/23 Assistenztrainer, bevor er dann das Cheftraineramt bei den Reign übernahm.
Schon vergangenes Jahr hatte Sturm mehrere Anfragen für Co-Trainerstellen in der NHL erhalten, die er aber allesamt abgesagt hatte, um weiter Cheftrainer zu bleiben. Dies sah er auch als entscheidend an, um seinen Traum vom Cheftrainerposten in der NHL verwirklichen zu können. Bei seinem Amtsantritt 2022 bei den Reign hatte er gesagt, dass ihm der Posten des Head Coaches in der AHL „mehrere Möglichkeiten für die Zukunft eröffnen wird“. Er sollte Recht behalten.
„Es war kein einfaches Jahr“, sagt Sturm über die Saison seines neuen Clubs, der die Playoffs verpasste. „Wir müssen jetzt nicht alles neu aufbauen, aber wir müssen wieder zur Stärke zurückfinden, die die Bruins groß gemacht hat, die Kultur, die Identität. Das ist es, was ich will und was die Stadt, die Fans und die Organisation wollen. Der Rest wird sich dann automatisch zum Guten verbessern.“ Sturm hat in den vergangenen zehn Jahren gezeigt, dass er das Zeug dazu hat.
Michael Bauer