Foto: imago images/Nur Photo/Artur Widak
Wer Mitte vorvergangener Woche im Internet unterwegs war, kam kaum drum herum: LeBron James hier, Rekord da. Ob auf News-Seiten oder in den sozialen Netzwerken, überall war der 38.388. Punkt des Basketballstars Thema. Hatte er damit doch Kareem Abdul-Jabbar an Nummer eins der ewigen NBA-Liste überholt. Der bisherige Rekordhalter war natürlich vor Ort, überreichte James symbolisch einen Basketball.
Genau wie in der NBA könnte auch in der NHL irgendwann ein Rekord fallen, der als einer für die Ewigkeit galt: Gretzkys 894 Tore. Nur etwas mehr als 80 Treffer ist Ovechkin noch entfernt. Und wie Abdul-Jabbar nun über James würde sich dann auch Gretzky über Ovechkin freuen. „Es wäre großartig fürs Eishockey“, hat er jüngst gesagt.
LeBron becomes the #ScoringKing as heard around the world! 🌐 pic.twitter.com/ScX71rldik
— NBA (@NBA) February 9, 2023
Vielleicht bleibt der Größte der Größten aber auch deswegen so entspannt, weil er noch einen anderen Rekord innehat. Den wichtigeren, weil im Eishockey eine Vorlage ja genauso geschätzt wird wie ein Tor. 2.857 Scorer-Punkte hat Gretzky gesammelt. Was ihn auch zum einzigen NHL-Spieler macht, der die 2.000-Punkte-Marke geknackt hat (es werden nur die Punkte in der Hauptrunde gezählt, nicht in den Playoffs). Auf Nummer zwei steht Jaromir Jagr mit 1.921 Punkten. Und obwohl man den nie abschreiben sollte: Dass ein über 50-Jähriger noch mal in die NHL kommt und mehr als 900 Punkte sammelt, ist eher nicht zu erwarten, auch wenn er nun einen anderen Gretzky-Rekord ausgerechnet in der vorvergangenen Woche geknackt hat - den für die meisten Profitore.
Also muss sich der Blick auf die richten, die noch aktiv sind. Bester Scorer unter denen ist Sidney Crosby mit 1.474 Punkten auf Platz 15 der ewigen Liste. Das sind nur etwas mehr als die Hälfte von Gretzkys Punkten – und auch wenn Crosby nicht so aussieht, ist er 35 Jahre alt. Selbst die 2.000 Punkte sollten kaum zu erreichen sein. Dasselbe gilt für Ovechkin (1.464), Patrick Kane (1.215) und Evgeni Malkin (1.200), die Nächsten in der Liste. Alle deutlich über 30 und meilenweit vom Rekord entfernt.
Jaromir Jagr scored his 1099th pro goal, passing Wayne Gretzky for the most in hockey history. pic.twitter.com/7dwvFK2UpY
— Hockey Of Tomorrow (@HockeyTomorrow) February 6, 2023
Das liegt vor allem daran, dass sie in einer anderen Zeit Eishockey spielen, als es Gretzky tat. In einer, die durch Lockouts und eine Pandemie monatelange Spielausfälle kennt. Und in einer, in der durch ausgeglichenere Teams, bessere Verteidiger und Torhüter weniger Tore fallen. Vor allem im Vergleich zu den 1980ern und frühen 1990ern, als Gretzky den Großteil seiner Punkte sammelte. Seine persönlich besten zehn Saisons sind alle von 1981 bis 1991: viermal mehr als 200 Punkte, immer mindestens 149. Und er war nicht der Einzige, der fleißig sammelte: 1984/85 scorten 16 Spieler dreistellig. Damals fielen 7,8 Tore pro Spiel, 1980/81 sogar mehr als acht. Seit Crosby und Ovechkin 2005 in die NHL kamen, gab es nur fünf Saisons mit im Schnitt mehr als sechs Toren pro Spiel. 2014/15 wurde Jamie Benn, der jüngst sein 1.000. Hauptrundenspiel absolvierte, mit 87 Punkten Top-Scorer.
Zuletzt ging es aber wieder bergauf. In vier von fünf Jahren fielen mindestens sechs Tore pro Spiel. Auch die individuellen Zahlen steigen, Nikita Kucherov (128) und Connor McDavid (123) kamen jüngst sogar wieder über 120 Punkte. Kucherov ist mit 29 wohl bereits zu alt, aber könnte McDavid Gretzky einholen? Er ist ja erst 26 und hat schon fast 800 Punkte. Trotz Verletzungen und Corona. 1,47 Zähler macht McDavid pro Spiel, der mit Abstand beste Wert der aktiven Spieler (99 Punkte in dieser Saison - Pace in Richtung 150). Allerdings fehlen ihm zu Gretzky noch mehr als 2.000 Punkte. Selbst wenn er ewig so weiterscort, müsste er noch ungefähr 1.400 Spiele machen. Das wären 16 Saisons.
Wayne Gretzky wird sich also weiter entspannt zurücklehnen. Er kann sich schon mal in Ruhe ein Geschenk für Ovechkin überlegen, falls der den Torrekord wirklich einstellt. Wohl wissend, dass er die wichtigste Bestmarke wohl auf Lebzeiten behalten wird.
Bernd Schwickerath
Der Artikel ist in der aktuellen Printausgabe von Eishockey NEWS erschienen.