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Mittwoch, 20. Mai 2015

Das Interview nach seinem Rücktritt Jaromir Jagr: "Emotionen können dich töten. Man muss immer cool bleiben, egal was passiert"

Jaromir Jagr.
Foto: imago

Jaromir Jagr gab wie schon vor einem Jahr in Minsk am Sonntag nach dem verlorenen Spiel um Platz drei gegen die USA in Prag seinen Rücktritt aus dem tschechischen Nationalteam bekannt. Diesmal soll es der endgültige sein, wie er im Interview erklärt:

Herr Jagr, nach dem letzten Spiel bei der WM 2014 erklärten Sie ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft, doch haben Sie ihre Meinung vor der Heim-WM geändert. War das Spiel um Platz drei in Prag nun ihre letzte Partie?
Jaromir Jagr: "Ich war sehr emotional nach diesem letzten Spiel von Minsk. Aber die Fans, mein Vater und meine Trainer haben meine Meinung vor diesem Turnier geändert. Und ich bin froh, dass sie es getan haben und das ich hier gespielt habe, auch wenn wir keine Medaille geholt haben. Aber es war etwas besonderes hier."

Welche Gefühle hatten Sie auf dem Eis, als Sie nach dem Spiel trotz der Niederlage zur Ehrenrunde aufgefordert wurden?
Jagr: "Ehrlich gesagt, besitze ich keine Emotionen, wenn ich spiele. Ich bin der Meinung, Emotionen können dich töten. Man muss immer cool bleiben, egal was passiert. Aber es war schön zu sehen, dass die Fans das Eishockey in unserem Land genießen. Auch wenn ich das bereits vorher gewusst habe. Unsere Fans sind verrückt nach Eishockey. Sie wollen alle selber spielen, dann wollen sie alle selber Trainer sein. Sie leben den Sport."

Teemu Selänne hatte mehrfach noch ein weiteres Jahr im Nationaltrikot angehängt. Kann das gleiche auch bei Ihnen passieren?
Jagr: "Nein, ich glaube nicht, dass ich das toppen kann. Diese Laufbahn zu Hause zu beenden, auch wenn wir keine Medaille geholt haben, das ist wirklich schön. Ich will nicht sagen, dass ich dieses Spiel nicht mehr liebe, aber es ist schwierig für mich, mit Jungs zu spielen, die 20 Jahre jünger sind als ich."

Was sagen Sie zu den stehenden Ovationen und den "Jagr"-Rufen nach dem Spiel?
Jagr: "Das ist nur ein Bonus. Ich freue mich natürlich sehr und die Fans haben sich sicherlich auch gefreut, dass ich gekommen bin und für Ihr Land noch einmal gespielt habe. Das Gesamtbild ist es nämlich, auf das es ankommt. Es geht nicht um eine Medaille, sondern um die Kinder, die hier zusehen. Wenn die hier die Spieler sehen und sich für den Sport begeistern, kann das ihr Leben ändern. Und da geht es nicht darum, ob wir hier Bronze geholt haben oder nicht. In zehn Jahren erinnert sich doch eh keiner mehr daran, wer eine Medaille hier gewonnen hat. Aber vielleicht sind manche Kinder und ihre Eltern dann sehr glücklich über diese WM."

War dieses Ende ihrer Nationalmannschaftskarriere nicht ein wenig bitter?
Jagr: "Natürlich würde jeder Mensch auf dieser Welt immer alles so hindrehen, dass es perfekt ist. Aber so ist das Leben einfach nicht. So geht es nicht. Man muss mit dem Guten und dem Schlechten leben können und nach vorne schauen."

Was war das größte Highlight in ihrer Karriere?
Jagr: "Ich hoffe, das kommt noch. Jeder Moment in einer Eishockey-Karriere ist für mich der beste, denn es ist schwer da einen raus zu picken. Ohne den einen Moment gäbe es den anderen nicht. Ohne einen Anfang gäbe es kein Ende."

Die nächste Weltmeisterschaft findet in Russland statt. Sie kennen dieses Land gut und haben selbst dort gespielt. Gibt es nicht doch eine Chance, dass man Sie dort wieder auf dem Eis sieht?
Jagr (lacht): "Nein, ich werde da nicht hinfahren."

Wie sehen Sie die Zukunft des tschechischen Eishockeys nach ihrem Rücktritt?
Jagr: "Das ist schwer zu sagen. Man muss sich immer die Junioren-Weltmeisterschaften ansehen. Als ich jünger war, waren wir da immer vorne dabei. Auf so etwas kann man aufbauen. In den Jahren um 2000 rum hatten wir gut 50 Spieler in der NHL. Wenn da einer nicht konnte, war das kein Problem, dann kam eben ein anderer zur WM. Heute haben wir nur noch 30 dort. Das ist eine deutlich geringere Zahl. Aber so lange die Junioren nicht aufhören, weiter Medaillen zu gewinnen, glaube ich nicht, dass sich viel zum schlechten verändern wird. Und man kann trotzdem sehen, dass die USA, Schweden und Kanada immer auch ganz vorne dabei sein werden."

Was sind ihre Pläne für die Sommerpause?

Jagr: "Ich werde noch etwas hierbleiben und dann zurückgehen nach Florida. Ich muss noch ein paar Sachen abholen von meiner Wohnung dort. Und dann werde ich mich auf die neue Saison konzentrieren. Ich denke, dass wir ein gutes Team bei den Panthers haben, um einen Anlauf auf den Stanley Cup zu wagen."

Interview: Sebastian Groß


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